Die Zerstörung Pettaus durch die Goten.
In der historischen Literatur, der lokalen
wie der allgemeinen, gilt es als Tatsache, daß
etwa im Jahre 380 n. Chr. Poetovio = Pettau
von den Goten zerstört wurde, wobei der
arianische Bischof Valens dieser Stadt die Rolle
eines Verräters gespielt hat^). Seit Aquilinus
Julius Caesar in der Staats- und Kirchen-
geschichte des Herzogtums Steiermark I
S. 209 f. die Begebenheit mit reicher Phantasie
ausgeschmückt dem Publikum aufgetischt, wird
seine Erzählung mit wenig Kritik immer wieder
übernommen, und besonders Alois Huber, der
an der Verwirrung historischer Fragen so viele
Schuld hat, trug auch in diesem Einzelfalle
(Geschichte der Christianisierung von Süd-
deutschland I S. 267) die Farben so bunt auf,
daß selbst sein jüngster Gegner den erlösenden
Weg nicht finden konnte. Konrad Schwach
wendet sich in einer kritischen Studie: Der
Verrat des Bischofs Valens von Pettau und die
Zerstörung dieser Stadt im Jahre 380 (Zeitschr.
des histor. Vereines f. Steiermark X 1912 S. 161
bis 180) mit guten Gründen gegen die bis-
herige Auffassung, ,,die Stadt Pettau sei im
Jahre 380 infolge eines Streites um die bischöf-
liche Würde daselbst von den Goten zerstört
worden" (S. 161), nimmt aber am Schlüsse der
Abhandlung (S. 177) doch wieder an, daß die
offene Stadt Pettau von den Goten verwüstet
wurde, während das eigentliche, durch Mauern
geschützte Poetovio unversehrt blieb und weiter
dauerte. Arbeiten über die erste christliche
Periode der Alpenländer führten mich auch zu
dieser Frage und brachten mir die Gewißheit,
daß die Überlieferung die Goten überhaupt zu
Poetovio in gar keine Beziehungen setzt, son-
dern lediglich eine ungenügende Interpretation
der betreffenden antiken Autorenstelle die Miß-
verständnisse nach sich gezogen hat.
Der einzige Bericht steht in den Akten des
aquileiensischen Konzils vom September des
Jahres 381 n. Chr., welches Ambrosius bei
Kaiser Gratian vor allem gegen die Arianer
durchgesetzt hatte. Bischof Valerian von
Aquileia führte den Vorsitz, Wortführer und
tatsächlicher Leiter der Verhandlungen war
aber Ambrosius. Daher auch das wenige, was
von den Aktenstücken erhalten blieb, mit
Recht später in den Nachlaß des Mailänder
Bischofs aufgenommen worden ist: ein nicht
ganz abgeschlossenes Verhör mit den beiden
einzigen erschienenen Arianerbischöfen Palla-
dius von Ratiaria und Secundianus (Ambrosii
op. tom. V ed. Ballerini Sp. 241—261), ein
Brief des Konzils an die Bischöfe Galliens,
in dem die Verurteilung der beiden ge-
nannten mösischen Bischöfe mitgeteilt wird
(ibid. Sp. 263 f.), ferner drei Briefe an die
Kaiser Gratian, Valentinian II. und Theodo-
sius. Im zweiten (ibid. Sp. 269—272 = ep. XI
der Maurinerausgabe) bittet Ambrosius, an
das Vorleben des zur Zeit verbannten römischen
Gegenbischofs Ursinus anknüpfend, die Kaiser,
allen Versuchen dieses Mannes, wieder Gnade
i) A. v. Muchar, Geschichte des Herzogtums
Steiermark I S. 132; Ljubsa, Die Christianisierung
der heutigen Diözese Seckau S 29 f.; Fr. Kauff-
mann, Texte u. Unters, zur altgerm. Rel. Gesch.
I S. LI A. 2; Strakosch-Grassmann, Geschichte der
Deutschen in Österreich-Ungarn S. 128; L. Schmidt,
Geschichte der deutschen Stämme I S. 114 u. A. 4;
0. Seeck, Geschichte des Unterganges der antiken
Welt V S. 126 legt den im folgenden behandelten
Brief des Konzils an die Kaiser so aus, daß die
Pettauer den arianischen Bischof den Goten aus-
geliefert hätten. — Während der Drucklegung
hatte ich noch Gelegenheit, eine Erwiderung auf
Konrad Schwachs Aufsatz einzusehen, die Prof.
Dr. Aug. Stegensek in der Zeitschrift des sloweni-
schen Geschichtsvereines von Marburg (Casopis za
zgodovino in narodopisje) X 1913 S. 1—7 ver-
öffentlicht hat. Seine Interpretation der Ambrosius-
stelle weicht gleich der von mir versuchten von
Schwachs Darlegungen ab, in der rechtlichen Be-
gründung von Ambrosius' Anklage stimmen wir
nicht überein.
In der historischen Literatur, der lokalen
wie der allgemeinen, gilt es als Tatsache, daß
etwa im Jahre 380 n. Chr. Poetovio = Pettau
von den Goten zerstört wurde, wobei der
arianische Bischof Valens dieser Stadt die Rolle
eines Verräters gespielt hat^). Seit Aquilinus
Julius Caesar in der Staats- und Kirchen-
geschichte des Herzogtums Steiermark I
S. 209 f. die Begebenheit mit reicher Phantasie
ausgeschmückt dem Publikum aufgetischt, wird
seine Erzählung mit wenig Kritik immer wieder
übernommen, und besonders Alois Huber, der
an der Verwirrung historischer Fragen so viele
Schuld hat, trug auch in diesem Einzelfalle
(Geschichte der Christianisierung von Süd-
deutschland I S. 267) die Farben so bunt auf,
daß selbst sein jüngster Gegner den erlösenden
Weg nicht finden konnte. Konrad Schwach
wendet sich in einer kritischen Studie: Der
Verrat des Bischofs Valens von Pettau und die
Zerstörung dieser Stadt im Jahre 380 (Zeitschr.
des histor. Vereines f. Steiermark X 1912 S. 161
bis 180) mit guten Gründen gegen die bis-
herige Auffassung, ,,die Stadt Pettau sei im
Jahre 380 infolge eines Streites um die bischöf-
liche Würde daselbst von den Goten zerstört
worden" (S. 161), nimmt aber am Schlüsse der
Abhandlung (S. 177) doch wieder an, daß die
offene Stadt Pettau von den Goten verwüstet
wurde, während das eigentliche, durch Mauern
geschützte Poetovio unversehrt blieb und weiter
dauerte. Arbeiten über die erste christliche
Periode der Alpenländer führten mich auch zu
dieser Frage und brachten mir die Gewißheit,
daß die Überlieferung die Goten überhaupt zu
Poetovio in gar keine Beziehungen setzt, son-
dern lediglich eine ungenügende Interpretation
der betreffenden antiken Autorenstelle die Miß-
verständnisse nach sich gezogen hat.
Der einzige Bericht steht in den Akten des
aquileiensischen Konzils vom September des
Jahres 381 n. Chr., welches Ambrosius bei
Kaiser Gratian vor allem gegen die Arianer
durchgesetzt hatte. Bischof Valerian von
Aquileia führte den Vorsitz, Wortführer und
tatsächlicher Leiter der Verhandlungen war
aber Ambrosius. Daher auch das wenige, was
von den Aktenstücken erhalten blieb, mit
Recht später in den Nachlaß des Mailänder
Bischofs aufgenommen worden ist: ein nicht
ganz abgeschlossenes Verhör mit den beiden
einzigen erschienenen Arianerbischöfen Palla-
dius von Ratiaria und Secundianus (Ambrosii
op. tom. V ed. Ballerini Sp. 241—261), ein
Brief des Konzils an die Bischöfe Galliens,
in dem die Verurteilung der beiden ge-
nannten mösischen Bischöfe mitgeteilt wird
(ibid. Sp. 263 f.), ferner drei Briefe an die
Kaiser Gratian, Valentinian II. und Theodo-
sius. Im zweiten (ibid. Sp. 269—272 = ep. XI
der Maurinerausgabe) bittet Ambrosius, an
das Vorleben des zur Zeit verbannten römischen
Gegenbischofs Ursinus anknüpfend, die Kaiser,
allen Versuchen dieses Mannes, wieder Gnade
i) A. v. Muchar, Geschichte des Herzogtums
Steiermark I S. 132; Ljubsa, Die Christianisierung
der heutigen Diözese Seckau S 29 f.; Fr. Kauff-
mann, Texte u. Unters, zur altgerm. Rel. Gesch.
I S. LI A. 2; Strakosch-Grassmann, Geschichte der
Deutschen in Österreich-Ungarn S. 128; L. Schmidt,
Geschichte der deutschen Stämme I S. 114 u. A. 4;
0. Seeck, Geschichte des Unterganges der antiken
Welt V S. 126 legt den im folgenden behandelten
Brief des Konzils an die Kaiser so aus, daß die
Pettauer den arianischen Bischof den Goten aus-
geliefert hätten. — Während der Drucklegung
hatte ich noch Gelegenheit, eine Erwiderung auf
Konrad Schwachs Aufsatz einzusehen, die Prof.
Dr. Aug. Stegensek in der Zeitschrift des sloweni-
schen Geschichtsvereines von Marburg (Casopis za
zgodovino in narodopisje) X 1913 S. 1—7 ver-
öffentlicht hat. Seine Interpretation der Ambrosius-
stelle weicht gleich der von mir versuchten von
Schwachs Darlegungen ab, in der rechtlichen Be-
gründung von Ambrosius' Anklage stimmen wir
nicht überein.