Zur Frage der christlichen Kultanlagen aus der ersten Hälfte des vierten
Jahrhunderts im österreichischen Küstenlande.
I. Parenzo.
Die in den Jahren 1913 bis 1915 zur
Restaurierung der bischöflichen Residenz und
der Basilika in Parenzo unternommenen Ar-
beiten eröffneten die Möglichkeit, hier neuer-
lich Untersuchungen über die früheste Ent-
wicklung eines großen sakralen Baukomplexes
durchzuführen, der heute neben der Basilika
von Aquileia zu den bedeutsamsten Denkmalen
früher christlicher Baukunst im nordadriati-
schen Landgebiete zählt. Dazu dankt man
bereits Dagobert Frey einen Bericht über die
Feststellung und architektonische Aufnahme
eines eigenartigen Kultbaues aus dem sechsten
Jahrhundert, der den Kern des bischöflichen
Wohngebäudes (siebzehntes Jahrhundert) in Pa-
renzo bildeti). Der Darlegung dieser ergebnis-
reichen Untersuchung ist noch die Mitteilung
über eine Versuchsgrabung angeschlossen, die
vor der Nordwand der bestehenden Basilika
den Abschluß der ältesten Kultanlage Parenzos
und ihrer seewärts gelegenen Annexe zu er-
reichen suchte. Die hier erzielten Aufdek-
kungen sind in der erwähnten Abhandlung
auch besprochen und in einem Plane (Mitt.
XIII Fig. 31) festgehalten worden^), wobei
aber durch einen sehr ungenauen, fremden
Bericht und die Unmöglichkeit eigener Be-
obachtung über den letzten Verlauf der Gra-
bungen Irrtümer sich eingeschlichen haben,
welche den tatsächlichen Bestand der vor-
handenen Baureste entstellen. Vor allem ist
dort die älteste Anlage (Abb. 76), die Frey auf
seinem Plane (Fig. 31) als einen dreischiffigen
Kultbau (rot) einzeichnet, dadurch unrichtig
wiedergegeben, daß die lange Flucht des nörd-
lichen Anbaues in gleicher Breite wie der
südliche Anbau eingetragen und auch so be-
schrieben wurde. Ersterer(Abb. 76, Raum FD
DiFi) konnte in Wirklichkeit nur in einer
Breite von 4*5 ^ gemessen werden. Ferner
muß der aus dem Plane sich ergebende Ein-
druck einer dreischiffigen Anlage mit dem
ältesten Kultsaal als Mittelschiff dahin kor-
rigiert werden, daß letzterer gegen die seit-
lichen parallelen Nebenbauten jederzeit von
aufgehenden, geschlossenen Mauern beiderseits
umfaßt war, von denen noch erhebliche Reste
zu sehen sind. Nicht darf auch übersehen
werden, daß es sich hier in keinem Falle um
durchlaufende Seitenschiffe, sondern um einen
langen Baukörper handelt, der durch Quer-
wände in Einzelräume unterteilt ist. Somit
schließt dieser tatsächliche Baubestand die
nach den Mitteilungen Freys vermutete frühe
Erweiterung des nördlichen Kultsaales (Abb. 76
EGHMJ) zu einer dreischiffigen Anlage völlig
aus, wie sie nunmehr auch schon in ihrem
entstellten Grundriß bereits von Folnesics
und Planiscig, Bau- und Kunstdenkmale des
Küstenlandes (Text, Abb. 28) übernommen
worden ist.
Mit Rücksicht auf die nicht geringe Be-
deutung für die Lösung der mit den Anfängen
der ältesten, christlichen Kultanlage in Pa-
renzo zusammenhängenden Fragen soll der
vorgehende Bericht durch eine kurze Dar-
stellung der Ergebnisse meiner eigenen Gra-
bungen am gleichen Platze und durch ergän-
zende Untersuchungen erweitert und richtig-
gestellt werden.
Zu einer kurzen Orientierung über die ge-
schichtliche Entwicklung der Parenzaner Kult-
i) Dagobert Frey, Neue Untersuchungen und malpflege XIII S. 118 ff. und 179 ff.
Grabungen in Parenzo. Mitt. d. k. k. Z. K. f. Denk- 2) Mitt. d. Z. K. XIII S. 183 und 186.
11*
Jahrhunderts im österreichischen Küstenlande.
I. Parenzo.
Die in den Jahren 1913 bis 1915 zur
Restaurierung der bischöflichen Residenz und
der Basilika in Parenzo unternommenen Ar-
beiten eröffneten die Möglichkeit, hier neuer-
lich Untersuchungen über die früheste Ent-
wicklung eines großen sakralen Baukomplexes
durchzuführen, der heute neben der Basilika
von Aquileia zu den bedeutsamsten Denkmalen
früher christlicher Baukunst im nordadriati-
schen Landgebiete zählt. Dazu dankt man
bereits Dagobert Frey einen Bericht über die
Feststellung und architektonische Aufnahme
eines eigenartigen Kultbaues aus dem sechsten
Jahrhundert, der den Kern des bischöflichen
Wohngebäudes (siebzehntes Jahrhundert) in Pa-
renzo bildeti). Der Darlegung dieser ergebnis-
reichen Untersuchung ist noch die Mitteilung
über eine Versuchsgrabung angeschlossen, die
vor der Nordwand der bestehenden Basilika
den Abschluß der ältesten Kultanlage Parenzos
und ihrer seewärts gelegenen Annexe zu er-
reichen suchte. Die hier erzielten Aufdek-
kungen sind in der erwähnten Abhandlung
auch besprochen und in einem Plane (Mitt.
XIII Fig. 31) festgehalten worden^), wobei
aber durch einen sehr ungenauen, fremden
Bericht und die Unmöglichkeit eigener Be-
obachtung über den letzten Verlauf der Gra-
bungen Irrtümer sich eingeschlichen haben,
welche den tatsächlichen Bestand der vor-
handenen Baureste entstellen. Vor allem ist
dort die älteste Anlage (Abb. 76), die Frey auf
seinem Plane (Fig. 31) als einen dreischiffigen
Kultbau (rot) einzeichnet, dadurch unrichtig
wiedergegeben, daß die lange Flucht des nörd-
lichen Anbaues in gleicher Breite wie der
südliche Anbau eingetragen und auch so be-
schrieben wurde. Ersterer(Abb. 76, Raum FD
DiFi) konnte in Wirklichkeit nur in einer
Breite von 4*5 ^ gemessen werden. Ferner
muß der aus dem Plane sich ergebende Ein-
druck einer dreischiffigen Anlage mit dem
ältesten Kultsaal als Mittelschiff dahin kor-
rigiert werden, daß letzterer gegen die seit-
lichen parallelen Nebenbauten jederzeit von
aufgehenden, geschlossenen Mauern beiderseits
umfaßt war, von denen noch erhebliche Reste
zu sehen sind. Nicht darf auch übersehen
werden, daß es sich hier in keinem Falle um
durchlaufende Seitenschiffe, sondern um einen
langen Baukörper handelt, der durch Quer-
wände in Einzelräume unterteilt ist. Somit
schließt dieser tatsächliche Baubestand die
nach den Mitteilungen Freys vermutete frühe
Erweiterung des nördlichen Kultsaales (Abb. 76
EGHMJ) zu einer dreischiffigen Anlage völlig
aus, wie sie nunmehr auch schon in ihrem
entstellten Grundriß bereits von Folnesics
und Planiscig, Bau- und Kunstdenkmale des
Küstenlandes (Text, Abb. 28) übernommen
worden ist.
Mit Rücksicht auf die nicht geringe Be-
deutung für die Lösung der mit den Anfängen
der ältesten, christlichen Kultanlage in Pa-
renzo zusammenhängenden Fragen soll der
vorgehende Bericht durch eine kurze Dar-
stellung der Ergebnisse meiner eigenen Gra-
bungen am gleichen Platze und durch ergän-
zende Untersuchungen erweitert und richtig-
gestellt werden.
Zu einer kurzen Orientierung über die ge-
schichtliche Entwicklung der Parenzaner Kult-
i) Dagobert Frey, Neue Untersuchungen und malpflege XIII S. 118 ff. und 179 ff.
Grabungen in Parenzo. Mitt. d. k. k. Z. K. f. Denk- 2) Mitt. d. Z. K. XIII S. 183 und 186.
11*