2. Bronzen aus China und Tangpferde, chinesisches und europäisches Porzellan (immer noch!), gotische
Schmerzensmänner und Madonnen, die Bronzestatuetten der Renaissance!) finden: das Interesse und
die Begeisterung der Kunstkäufer und vor allem die alten Meister, an die Dr. Wendland in seinem
ausgezeichneten Kunst- und Künstler-Aufsatz denkt, und alte Möbel („Das Bett aus der Zeit“, „Die
signierte Kommode”), über die Hans Huth ebenfalls in dieser mutigen Zeitschrift in seinem Aufsatz
„Ueber gefälschte Möbel” so schön erzählt. Denn es gilt als chic und fesch und repräsentativ und
dazu noch als gute Kapitalsanlage, sich mit Dingen vergangener Jahrhunderte zu umgeben.)
Nun, ob es als Bankier, Fabrikant, Arzt, Jurist oder Filmdiva chick ist oder fesch oder repräsentativ
zu leben wie weiland die Pompadour, ist Geschmacks- und Kultursache. Jedenfalls muß ein Mensch,
der „komplett“ in vergangenen Zeiten lebt, ständig Canalettos, Teniers und Memlings anguckt —, auch
wenn es sich um wirkliche Hervorbringungen solcher Meister handelt, um Bilder von solcher Qualität
und mit solchem Pedigree, daß Expertisen nicht nötig sind?) —, in seinem Renaissance-Salon sitzt
und in dem Bette irgendeines Louis schläft, zumal wenn nichts anderes bei diesen Leuten vorhanden
1) Die wirklich große Kunst Aegyptens, Assyriens usw. die großen Skulpturen Aegyptens, Griechenlands und aus China und
Indien (Baron v. d. Heydt gab solche als Leihgaben dem Berliner Museum), aus Afrika und Oceanien sind von den meisten
Deutschen noch nicht begriffen und vernachlässigt.
2) Bei einem entzückenden Berliner Ehepaar, das einen wundervollen frühen persischen Teppich besitzt — der Mann läßt sich
jetzt von Belling modellieren —, hängt ein ausgezeichnetes Bild des Perugino. Als ich einen großen Berliner Händler mit
alter Kunst, der mit mir da Tee irank, fragte, von wem das schöne Bild sei, antwortete er: „von Cassirer“.
3) Max Osborn sagte mit Recht: „Die Stimmen mehren sich, die der snobistischen und schiefgewickelten Sucht mancher Kreise,
sich in Ankäufe alter Kunst zu stürzen, Kampf ansagen. Mit dem edlen Trieb kennerhafter Sammler, Werke großer Kunst der
Vergangenheit um sich zu vereinigen, hat dieser groteske und schädliche Nebenbetrieb nichts zu tun.“ — Zu solchen seltenen
Sammlern gehört der Baron Heinrich von Thyssen, der in den letzten paar Jahren, in einer Zeit, in der eine Reihe der größten
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