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Overbeck, Johannes
Pompeji in seinen Gebäuden, Alterthümern und Kunstwerken: für Kunst- und Alterthumsfreunde — Leipzig: Engelmann, 1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.73847#0163
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II. Drittes Capitel.

zeichneten gewölbten Corridor ruhen und nach hinten durch eine doppelte
Mauer, die wieder einen gewölbten Gang 2 zwischen sich fasst, abgeschlossen
erscheinen (vgl. auch die Ansicht Figur 98 und den Durchschnitt Figur 103).
Die sämmtlichen Sitzstufen werden nun in doppelter Weise eingetheilt und
zerfällt. Erstens durch eine Anzahl breiterer Umgänge (diazomata, praecinctio-
nes) im Sinne unserer Ränge, und zweitens durch eine Anzahl kleiner Treppen,
welche von der Orchestra bis zu der Höhe der Sitzreihen emporlaufend die-
selben in Keile (kerkides, cunei) zerfällen. Das pompejanische Theater wird
durch eine Praecinction 3 hinter den ersten vier Sitzreihen und durch den
gewölbten Gang 1 in drei Ränge (caveae) und durch sechs Treppen 4 in
sieben Keile (cunei) getheilt. Der Zweck dieser Eintheilung ist ein doppelter.
Zunächst und hauptsächlich diente sie, um die Zuschauer zu ihren Plätzen zu
leiten und selbst bei eiligem Verlassen des Theaters, z. B. bei plötzlichem Regen
die versammelte Menge ohne zu starkes Gedränge rasch hinauszuführen. Jede
der erwähnten sechs Treppen entspricht nämlich einer Ausgangsthür (vomito-
rium) auf den gewölbten Umgang 1 5 (vgl. Figur 98 und 103), so dass die •
mittleren Sitzreihen von der ersten Praecinction bis zu der Hintermauer sechs
Ausgänge haben, während diesen für den obersten Rang eine gleiche Anzahl -
in den Corridor 2 ausmündender Ausgänge 6 entsprechen, und der unterste
Rang sich theils in die Orchestra und durch deren Ausgänge (Parodos) 7,
theils durch zwei eigene an den Enden der Sitzreihen angebrachte Thüren 8
(s. Figur 103) entleerte, welche ebenfalls auf den gewölbten Ausgang der
Orchestra (9 im Plan links) führten. Der zweite Zweck der Eintheilung der
Sitzplätze entspricht dem der Rangtheilung in unsern Theatern. Die untersten
Reihen, der Bühne am nächsten gelegen, sind natürlich die vorzüglichsten, und
schon in Griechenland waren diese für die Preisrichter und die Behörden reser-
virt, ohne dass über eine bestimmte Abtrennung dieser reservirten Reihen von
den übrigen Etwas bekannt wäre. In Rom war anfangs keine derartige Unter-
scheidung vorhanden, nach und nach aber wurde sie ein- und von Augustus
mit der grössten Strenge durchgeführt. Nach der kaiserlichen Theaterordnung
in Rom, die ihrem Wesen nach für das Theater der Provinzen galt, waren die
untersten Reihen für die Senatoren, die folgenden vierzehn für die Ritter be-
stimmt, während die media cavea, der mittelste Rang, den Bürgern vorbehalten
war und dem gemeinen Volke sowie den Frauen die summa cavea, die Gallerie,
übrig blieb. In unserem Theater können wir sehr deutlich die drei Ränge un-
terscheiden. Der unterste, die infima cavea, hat vier Stufen. Diese sind jedoch
nicht Sitzstufen der Art wie die unten zu besprechenden der media cavea, son-
dern sie sind nicht unbeträchtlich breiter und nur von der halben Höhe dieser,
dienten also offenbar nur, um die Ehrensessel, die Bisellien der Behörden und
der vornehmen Begünstigten zu tragen. Abgeschlossen wurden sie nach hinten
durch eine niedrige Mauer (s. 3' Figur 103) und auf ihr durch eine dünne Schranke
oder Brüstung von Marmor, welche, wie die meisten Stufen, die ebenfalls von
 
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