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Panofsky, Erwin; Saxl, Fritz
Dürers "Melencolia I": eine quellen- und typengeschichtliche Untersuchung — Studien der Bibliothek Warburg, Band 2: Teubner, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.31125#0048
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Der Saturn

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Horaz als den „Saturnus impius“ verabscheut — als ein von Grund
aus „unglückhaftiges“ und „unreines“ Gestirn bezeichnen1 2), dessen
Strahlen, wie es bei Cecco d’Ascoli heißt, noch nie etwas Gutes
gewirkt hätten3), als Verursacher von Mißwachs, Krankheit, Tod,
Lüge und Verbrechen, als den Planeten der ärmsten und verachtetsten
Sterblichen3): Saturn und Mars die ungliicklichen, Jupiter und Venus
die gliicklichen Planeten, Sol, Luna und vor allem der stets „anschluß-
bediirftige“ Merkur gut mit den Guten, schlecht mit den Schlechten —
das ist das in der mittelalterlichen Astrologie des Abendlandes zu
immer unbestrittenerer Herrschaft gelangende System. Und auch im
Falle des Saturn — ganz wie im Fall der Melancholie — hat sich die
populäre Vorstellung durchaus von dieser negativen Anschauung
bestimmen lassen, die ihr, genau wie dort, in Wort und Bild von ein-
prägsamster, oft karikaturhaft übertriebener Stilisierung vermittelt
wurde. So heißt es etwa in einer deutschen Handschrift des 15. Jahr-
hunderts: „Diebisch gestalt Saturnus kint, wann man an in vil boßheit
fint. Saturnus durr und kalt, geschickt, sein kint uß truben augen
blickt, verzagt und unverstanden, und werden alt mit schanden. Dieb,
spiler, morder, ungetruw, Gottes swerer on alle rew, und werden frawen
nummer holt, und sein alzit trunkenbolt.“4)

1) Vgi. statt aller anderen ßeispiele die Compilatio Leupoldi ducatus Austrie
. . . de astrorum scientia (Ausburg, Ratdolt 1489) „infortunatus est et immundus“.

2) Cecco d’Ascoli (ed. Felice Bariola, Florenz, 1879, p. 64): „pianeta
funesto, nemico di virtu“ . . . ,,Che mai sö razzo non fe cosa bella.“

3) Vgl. hierzu die betr. Darstellungen in den bekannten Planetenkinder-
folgen und ihre Texte (F. Lippmann, die sieben Planeten, Chalkographische Ges.
1895); zur Ergänzung: A. Hauber, Planetenkinderbilder und Sternbilder, 1916,
passim, sowie die von Giehlow, a. a. O. 1903, p. 36 zusammengestellten Belege.

4) Hauber, a. a. O. p. 75.
 
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