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Ficino

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letzten Endes hat doch dies alles für Ficino nur die Bedeutung von
Palliativmitteln* 1): das vielleicht ist der tiefste und schönste Ge-
danke in diesem aus so vielen Quellen gespeisten Werk, daß dem sa-
turninischen Menschen im Grunde doch nichts anderes, und letzten
Endes auch nichts Besseres, übrig bleibt, als das, was die Antike
„amor fati“ nannte: sich mit ganzer Seele — aber auch wdrklich mit
ganzer Seele, — in den Willen seines Gestirns zu ergeben.

„Innerhalb der Seele (anima) nehmen wir ,Imaginatio‘, ,Ratio{
und ,Mens‘ an. Es kann nun die ,Imaginatio‘, sei es durch die Art
und Bewegung des ,Spiritus‘, sei es durch unsere Wahl, sei es durch
beides, so auf den Mars oder Sol abgestimmt werden, daß sie recht
eigentlich ein Gefäß für die solaren und martialischen Einflüsse wird.
Ebenso kann sich die ,Ratio‘, entweder zugleich durch ,Imaginatio‘
und ,Spiritus‘, oder durch ,Deliberatio‘ oder durch beides, im Wege
einer gewissen Nachahmung so dem Jupiter angleichen, daß sie
vermöge ihrer Würde und Verwandtschaft mehr vom Jupiter und
seinen Gaben aufnimmt als die ,Imaginatio‘ oder der ,Spiritus‘ (wie
aus demselben Grunde ,Imaginatio‘ und ,Spiritus‘ viel mehr Himm-
lisches aufnehmen als irgendwelche niedrig'ere Dinge oder Stoffe).
Die kontemplative ,Mens‘ endlich, die sich nicht nur von dem ent-
femt, was wir gewöhnlich wahrnehmen, sondern auch von dem, was
wir gewöhnlich imaginieren und init unseren menschlichen Gebräuchen
bekunden, und sich dagegen in Neigung, Streben und Leben zum Ab-
gesonderten wendet, setzt in gewisser Weise dem Saturn sich aus.
Dieser allein ist Saturn günstig. Denn wie die Sonne den Nacht-
tieren feind, den Tagtieren aber freund ist, so ist der Saturn

Ernsthaftigkek des Gefühls mehr verhüllt, als in Frage stellt) wird in einem Bricf
an Matteo da Forli auf das alte Mythologem Bezug genommen (Opera p. 861) :
,,Tradunt poetae Jovem Saturno patri quondam imperium abstulisse, ego vero ar-
bitror Martem his temporibus quasi Saturni vindicem sibi Jovis regnum usur-
pavisse, etenim, ut aiunt astronomi, religiosi viri ab Jove significantur atque re-
guntur . . .“

i) Sehr instruktiv ist das Kapitel II, 16 (Op. p. 523), clas zur Vorsicht
beim Gebrauch antisaturninischer Einflüsse ermahnt: der größte Gegensatz besteht
zwischen Saturn und Venus. Aber es wäre verfehlt, nun einen am Saturn labo-
rierenden Menschen mit venerischen (oder umgekehrt einen zu sehr der Venus er-
gebenen Menschen mit saturninischen) Mitteln heilen zu vvollen: ,,Hinc rursus effi-
citur, ut si quem Saturnia vel contemplatione nimium occupatum vel cura pressum
levare interim et aliter consolari velimus per venereos actus, ludos, iocos fworunter
also nach III, 2 auch die allzu heitere Musik zu rechnen wäre], tentantes tanquam
per remedia longe distantia frustra atque etiam cum iactura conemur. Atque vicis-
sim si quem venereo vel opere perditum vel ludo iocoque solutum moderari velimus,
per Saturni severitatem non facile valeamus. Optima vero disciplina est, per
quaedam Phoebi Jovisque, qui inter Saturnum Veneremc[ue sunt medii, studia
similiaque remedia homines ad alterutrum declinantes ad medium revocare.“
 
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