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Bildquellen Giulio Romanos. Wiederaufleben der Robettakomposition im Manierismus IO7

die großen Schwierigkeiten erkennen, die sich, auch bei noch so
kühnen Analogiebildungen, der Übertragung der Paris-Komposition
auf das Hercules-Thema entgegenstellten.

*

In der Tat haben die Versuche der vorgeschilderten Art nicht Schule
gemacht; und es bleibt ein —wenngleich für die Verbundenheit des
Manierismus mit der „Quattrocentogotik“ ungemein bezeichnender —■
Ausnahmefall, wenn ein zwischen 1550 und 1555 vermutlich von dem Bo-
lognesen ProsperoFontana gemaltes Deckenfresko in der Gartenloggia
des Palazzo di Firenze auf den Kompositionsgedanken des Robetta-
stiches zurückgegriffen hat (im Gegensinn und selbstverständlich unter
zeitgemäßer Modifikation des Ganzen wie der Einzelheiten, vgl. Abb. 49).x)
Wenn man die an den Typus des Parisurteils sich anschließenden Her-
culesbilder des Nordens als einen Anfang ansprechen konnte, so darf
man von denen der Italiener eher sagen, daß sie einen in Zukunft nicht
weiter verfolgten Seitenweg einschlugen. Denn schon im 15. Jahrhun-
dert hatte die italienische Kunst auf Grund einer im Norden zunächst
noch nicht herangezogenen Schriftquelle einen ganz anderen Bild-Typus
geschaffen. Schon die im Jahre 1463 entstandene, freilich weniger durch
ihren Kunstwert als durch ihr frühes Datum und durch ihr Streben
nach antikischer Korrektheit bemerkenswerte Miniatur des Felice
Feliciano1 2) zeigt einen von „Virtus“ und „Voluptas“ in die Mitte ge-
nommenen, stehenden Hercules, den beide Gegnerinnen ziemlich gewalt-
sam auf ihre Seite zu bringen versuchen, indem sie ihn — jene mit einem
Arm, diese sogar mit beiden — zu sich herüberziehen (Titelbild). Dieser
Typus nun ist es, dem die Zukunft gehört, zumal in der vollkommneren
Gestalt, in der ihn uns ein Cassonebild des Berliner Schloßmuseums —
ehemals dem Piero diCosimo zugeschrieben, jetzt teils als Arbeit eines
Florentiner Anonymus um 1500, teils als ein Werk des Niccolö Soggi
betrachtet — vor Augen führt (Abb. 52J3) Mit Raffaels „Traum des Scipio“
stimmt dieses Bild insofern überein, als die drei Hauptpersonen in einer
ziemlich „vordergründigen“ Reliefschicht vereinigt sind, und als der Wäh-
lendem eine zentrale Stellung gebracht ist. Allein an die Stelle des schlum-
mernden Ritters ist nunmehr der wache nud mit allen mythologischen Attri-

1) Der Freskenschmuck der Gartenloggia gehört dem noch unter Papst Julius III.
vollendeten, hauptsächlich auf Prospero Fontana zurückgehenden Teil der Gesamtaus-
malung an, von dem Vasari berichtet (Mil. VII, S.495). Im übrigen bestätigt das Fresko
die für den Robettastich in Vorschlag gebrachte Rollenverteilung.

2) Bibi. Vaticana, cod. Reg. 1388, fol. 17 v.: „Scripto e miniato per mano di
me Felice Feliciano da Verona . . . Anno christi MCCCCLXIII. ‘

3) Beschreibendes Verzeichnis der Gemälde des K. F. M., 8. Aufl., S. 598. Ferner
Schubring, Cassoni, Nr. 419 mit Abbildung.
 
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