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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 1.1884

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Nr. 2 (15. Februar 1884)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29786#0028
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lind nun den Stad zur Hand geuommeu, noch einmal die lieb-
gewordenen Bilder, welche hier versammelt stehen, gegrüßt und dann
wandern nur am Abend die alte Hnndsstraße hinaus dnrch's reizende,
einsame Dinkelbachthälchcn gen Heltersberg zu, in dessen Gegend einst-
mals jene Männer und Frauen lebten nnd liebten, zn deren Erinnerung
der Bildhauer dem toteu Steine Leben eingeslößt hat. Tie untergehende
Sonne läßt die Vogesenberge im letzten Schimmer erglänzen, und beim
Gang durch deu dunkler werdenden Forst tönt es wie Geisterstimme nns
ins lauschende Ohr: „Wo Menschen schweigen, werden Steine reden!"

Der Name von Worms.
Über diesen Gegenstand sollte beim Wormser Congreß der deutschen
Gesclnchts- nnd Altertumsvereine eine Tiseussion stattsinden, allein an
den beiden ersten Tagen unserer Anwesenheit kam der Gegenstand nicht
zur Verhandlung; den dritten und letzten Tag aber fand eine Exenrsion
nach Oppenheim statt, so daß diese Angelegenheit überhaupt nicht zur
Sprache gebracht worden zu seiu scheint.
Wir erlauben uns deßhalb, hier einen kleinen Auszug dessen zu
bringen, was wir in dieser Beziehung bei der Generalvermnnmlnng
mündlich auszusichren gewünscht hätten.
Bereits Mehlis hat das Richtige getroffen, wenn er sagt, Worms
habe feinen Namen von der, in dortiger Gegend in den Rhein mündenden
Primm erhalten. Nun ist zwar keine alte Form dieses Flußnamens
erhalten, allein die gleichnamige „Priimm", Zufluß der Brösel, wovon
die berühmte Abtei Prümm genannt ist, kommt bei Ansonius, Noschin
v. 354 als Lroinsu vor (nach srüherer, durch Schenkt in seiner Neu-
ausgabe des Ansonius iu den Nonnin. Oeinnun. eorrigierten Lesart
Lronueu).
Dagegen erscheint der Name für Worms viel
früher, bei Ptolemaeus II o. tz 9 (18), dessen Nachrichten zumeist
schon ins erste Jahrhundert reichen. Da zu jener Zeit aber das griechische
bereits den Laut / angenommen hatte, so kann man auch die Form
Lordilonrustns der der Ilinsimrisn zn Grunde legen (vgl. Lssjuräins.
tudls äs Lsnlinstsr p. ll. sowie Lsssuräins, stsostnapstis äs In
stunls II p. 448).
Jenes anlantende ZT in Lroinsu ist nun aber Verschärfung für
rm nnd findet sich denn auch als urverwandt mit unserm Flußnamen
griech. (Holzwurm) für vromos. Dies ist nämlich mit der
bei u bekannten Metathesis unser Wort „Wnrm" flat, vsrnris), dessen
Urbegriff der voll Wasserschlange ist, was auch iu „Lindwurm" (voll
der Wurzel Utz lnr ----- biegen, gleitens zntrisft.
Der reine Begriff des feuchten Elementes liegt vor in dem Fluß-
namen Würm, der sich bei Pforzheim in Baden, bei München-Starn-
berg (daher der Würmsee) und sollst zeigt, wie denn auch in Lorbitonrsstns,
einer Ableitung, bzw. Zusammensetzung mit demselben Wort „Wnrm".
In der lateinischen Volkssprache wird nämlich, besonders in späterer
Zeit der deutsche Laut IV vielfach durch 7Z oder auch durch 6R wieder-
gegebeu, was aus Vorbitoinustns als Urform des Nameus schließen
läßt. Daher iu der ^otitiu (Lsssk p. 263) VRiunkstiu oder 4Vur-
musikg beim Geographeu vou Ravenna IV s. 26 Oornrstiu (italienisch
Cuurinutiv). Z Unter Übergang des inlautenden ö oder v in m, den
verwandtell Nasal entstand also Vorinstoinustus, bzw. später mit Ver-
schiebung des Snssins zu (sts) 4Vorins?, endlich Worms.
Der zweite Teil der Zusammensetzung, das Wort nigFns, war
bereits zur Frmlkenzeit anfgegeben nnd kann daher nicht wohl die Be-
deutung des fränkischen Wormsseldes — Wormsgaues habeil. Dagegen
hat sich nruZus z. B. erhalten iil dem I^oiowiUAUS des Ansonius
(NossIIu v. I I), jetzt Nenmagen oder Ncnmachern, lind k^oviolnuAus,
j. Nymegen. Die Bedentuilg dieser Namen ist doch offenbar die von
Neustadt. Eill solches lag auch am Ausfluß der Speyer.
NuA'us ----- „Gemach", d. h. Wohnung, kommt von der vor-
germanischen Wurzel nruF, iu gotischer Lantstufc nruk, hochdeutsch
„machen" ------ zusammellfügell.
Die Bedeutung des ganzen Namens LoiBsIonrnZus ist also die
voll Niederlassung an der VCorbn, später 4Vorinu, dann mit Metathesis
stVromu ----- Lromu, Lriunu, Priiliim, Primni.

4 Anmerku u g. Lo ist der Frauenuame Oi.88ulu bei Ansonius alt-
deutsch ^vi8ila,, ^visnln, eigeiltlich „das Wiesel".

Das obeu erivähnte altgermauische Wort rvniBn, Sumpfwasser
(später erst mit der Bedeutung von Wurms hat sich, durch die Frauken
importirt in nordfranzösischen Dialekten sorterhalten: In dourbs
sumpfige lstiederuug, worin das alte anlantende w zn /- verhärtet ist,
gerade wie im deutschen Ortsnamen Bingen aus Vinvmn iso bei
Tnsonins, NossIIn v. 2s. Dasselbe gilt von dem französischen Orts-
namen LoruBon und dem gallischen (d. h. nrgermauischen Quellengott
i Lorvo oder Lorano (vssjnräins, ZsoAimpIsts II 9. 467). Aber auch
das griechische Wort Zo^o(-otz, nach neugriechischer Aussprache vorvoros
(— sosnrim, lilnris), — zugleich Name eines maeedonischen Flusses, —
scheint hierher zu gehören (vgl. I. Becker im Archiv s. Frankfurts
Geschichte, Neue Folge III S. 8 vom Jahr 1865s.
Wie dem nuu aber auch sei, die von Simrock versuchte (Mythologie
S. 345 und 485s Zusammenstellung dieses Ortsnamens mit dell
germanischen Schicksalsgöttinnen ist nach Obigem unzulässig, da wir in
Lorbstonrgo'us dasselbe Suffix — st oder II haben, wie z. B. im
Namen der germanischen Xsinstss, während die drei Schwestern
Embeda, Warbede und Willebede im Dom zu Worms osfeubar mit
dem Worte Beda oder Beta zusammengesetzt sind, das, wie Simrock
selbst zugibt, aus Berta, Berchta verstümmelt ist uud diese angeblich
> gemarterten Töchter eines burgundischen oder fränkischen Königs als
Vervielfältigungen der germanischen Erd- und Muttergottheit Berchta
i erscheinen läßt.
Der Name der ursprünglichsten der drei Schwestern, Worbetta
(^-- Word- Wurdberta) oder Warbede hat sich auch im französischen
unter bekanntem Wechsel von und /- im Franennamen Babette, der
iil der Regel als Schmeichelsorm sür die heilige Elisabeth oder Barbara
ausgesaßt wird, erhaltell oder doch mit den Kosesormen der letztereil
Heiligennamen vermischt. Auch die heilige Ursula spielt nut herein,
indem sie öfters, wie z. B. zn Straßburg, gedacht wird iil Gesellschaft
Vvli palmentragenden Jungfrauen, deren die Wormser Schwestern ja
gerade vorstellen.
Die Ursula ist der Namensähnlichkeit wegen hier eben einfach
angelehnt all dell Namen der ältesten der drei Normen, der nordischen
Lrälw (im plrnul üstälrir alle drei Schwestern), welche nach der
Völnspa 20 im Urdharbrnnnen wohnt, der unter der dritten "Wurzel
des Weltbaumes entspringt und zugleich die Gerichtsstätte der Göttin ist.
Diese üwälw, altdeutsch stVurä, ist wörtlich „das Gewordene", ein
feminines Verbalabstraktum, das man als persönliches.Wesen aussaßte,
Mld das sich später iil eine Dreiheit spaltete. Die Verdhandi, d. h.
werdende, wurde Norme der Gegenwart, nnd die Sknld die „seinsollende",
ward Zukunft. Dies nicht im Sinne einer persönlichen Schuld, wie denn auch
die Bedeutung von Verhängnis- oder Schicksalsschwestern, gleich wie bei
den griech. MokHnt eine übertragene ist aus eiuer altern sinnlichen Vor-
stellung, d. h. aus dem Typ von Berchta, der spinnenden Hausfrau,
dem Haupt der Mutter- wie der Quellgottheiten. Wenn diese auch
Hildaberta genannt wird (Simrock " 391), so ist dies eine Zusammen-
setzung gebildet wie die obige Worbetta d. h. Wurdberta.
Heidelberg. K. Christ.

Kestisch-pfälzische Wüstlingen.
vou Karl Christ.
I. Lichtenkking § n.
Eine Zusammenstellung der ansgegangenen Orte der Kurpsalz
nach Art der von Wagner herausgegebenen „Wüstungen im Groß-
herzogtum Hessen" wäre eine grundlegende Arbeit sür die pfälzische
Territorialgeschichtc.
Indem wir daher unsere geehrten Mitarbeiter vom linken Rhein-
ufer ersuchen, sich sür ihre Gegend unseren Bestrebungen im „Pfälzer
Museum" anzuschließeu, wollen wir an gleicher Stelle nach nnd nach
die mittelalterlichen Wüstungen ans dem rechten Rheinnser nnd zunächst
die im hessischen Odenwald betrachten.
Mit letzteren, die wir alle autoptisch kennen, also beginnend, mag
zuerst unter den bereits von Wagner ausgezählten Orten (Bd. II seiner
Wüstungen, Provinz Starkenburg) folgen L i ch t e n k l i n g e n im
hessischen Odenwald, Hof nnd Kapelle im ehemaligen Wald-
michelbacher Centwald, in einem Seitenthale der Eiterbach (iüiä. P. 186
no. 107). Jetzt nur noch ein herrschaftliches Forsthans, der „Klinger
Hof" genannt, ist er angcbaut an die leider wenig eonservirte Ruine der
 
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