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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 6.1889

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Nr. 7 (1. Juli 1889)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29791#0050
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— 5
Allnächtlich stehn und harren
Die treuen Diener dort;
Sie schauen sich um und starren
In die Thäler fort und fort.
wenn Donnerdröhnen erwecket
Die Wälder in dunkler Nacht —
wird doch die Tafel aedecket,
wird doch das Lett gemacht. —
0 —
H>err Rotbart schläft noch immer
Im Schlosse zu Lagenau,
Erwacht einst, wenn sich schlimmer
Bewölkt der deutsche Gau.
Drum ragen betrübt die Mauern
Empor ins Himmelsblau;
Der stillen Wehmut Schauern
Umschwebt den alten Lau,
Eine Wanderung im Reichslande.
von m. s>ll. kp.
(Fortsetzung.)
es ist Zeit, daß wir unsere durch diese Betrach-
unterbrochene Reise sortsetzen. „Saarburg! —
10 Minuten Aufenthalt!" ruft der Schaffner. Auf
dem Bahnhofe wimmelte es von Menschen. Die Nähe des
Manöverfeldes merkte man an verschiedenen Unteroffizieren und
Soldaten, die feldmäßig ausgerüstet der Weiterfahrt harrten.
Das Städtchen Saarburg hat als Eisenbahn-, Straßen- und
Kanalknotenpunkt eine strategisch hochwichtige Lage und ist die
Garnison des 7. Ulanenregiments, für welches damals gerade
eine der Vollendung entgegengehende Kaserne gebaut wurde.
Wie kürzlich zu lesen war, soll anch noch Infanterie oder
Artillerie dorthin gelegt werden. Noch näher aber steht als
deutsche Vorwacht an der französischen Grenze das am 1. April
d. I. nach Dieuze im Kreise Chateau-Salins gelegte, neuge-
bildete Jnfanteriebataillon. Saarburg, das 1661 von Lothringen
an Frankreich abgetreten wurde, war früher Sprachscheide: in
der oberen Stadt wurde französisch, in der unteren deutsch ge-
sprochen. Jetzt ist es mit Gehöften deutsch und wird auch von
den umliegenden Ortschaften als deutsch bezeichnet. Am besten
Wird das sogenannte „Saargemünder Ditsch" gesprochen, außer-
dem französisch und hier und da hört man ein schlechtes Patois,
das aus dem Verkehr mit den Patoisortfchaften stammt. Es
gibt ältere in Saarburg geborene Leute, welche kein Deutsch
verstehen?) Von Saarburg nach Zabern läuft der Rhein-Marne-
kanal neben der Bahn hin; bei Arzweiler ziehen beide durch
einen Tunnel von 2300 in Länge und scheiden sich wieder beim
Austreten am Bache. Fast 2000 Meter der Länge brauchten
nicht ausgemauert zu werden. Eisenbahn und Kanal sind durch
eine mehrere Meter dichte Schicht von einander getrennt. Die
einzige Station zwischen Saarburg und Zabern ist Lützelburg,
so benannt nach dem auf einem vorspringenden Felsen erbauten,
jetzt zertrümmerten Lützel (d. h. klein) -burger Schlosse. Hier
tritt die Bahn in das Thal der Zorn. Die dasselbe einfassen-
den Höhen sind mit Prächtigem Laubwald gekrönt, doch gestatten
die vielen Tunnels, die fortwährend mit Viadukten und Brücken
wechseln, dem im Eisenbahnwagen Sitzenden nur eine beschränkte
Aussicht. Goethe hat seiner Zeit der Kunststraße, welche über
die Zaberner Senke oder „Steige", diese seit alter Zeit so
wichtige Übergangsstraße des Wasgaugebirgs, führt, folgende
Worte bewundernder Anerkennung gespendet: „Von der aus-
steigenden Sonne beschienen erhob sich vor uns die berühmte
Zaberner Steige, ein Werk von unüberdenklicher Arbeit.
Schlangenweise über die fürchterlichsten Felsen aufgemauert,
führt eine Chaussee für 3 Wagen nebeneinander breit genug so
leise bergauf, daß man es kaum empfindet". Was würde der
Altmeister erst gesagt haben, wenn er Kanal und Eisenbahn
von heute oder den St. Gotthardtunnel und andere Meister-
stücke der modernen Technik gesehen hätte?
0 llach der obengenannten Schrift von Illis.
Hat man das Zaberner Thor hinter sich, so steht man
auf rein deutschem Boden: das liebliche Elsaß empfängt uns.
In dem wiesen- und baumreichen Vorgelände, das in leisen
Wellenlinien abfallend sich zwischen die Bergkette der Vogesen
und die eigentliche Ebene hineinschmiegt, gewahrt man das echte,
deutsche Bauernhaus nach alemannischer Bauart: groß und breit,
zweistöckig, in Fachwerk von dunkeln Balken und weißem Be-
wurf, öfters mit einem Strohdach versehen. Stattliche Dörfer
mit prächtigen Kirchen fliegen an dem Reisenden vorüber ; über-
all ist der treffliche Ackerboden mit Getreide, Futtergewächsen,
Tabak und Hopfen sorgfältig angebaut. Es ist bald Mittag/
da mit einenmale taucht in der Ferne die schlanke Spitze des
Straßburger Münsters, die „Signalstange" des Elsaß, auf.
Schon steigt seitwärts von der Bahnlinie eines der am weitesten
vorgeschobenen Außensorts vor unseren Augen aus, das wie ein
riesiger Maulwurfhügel auf der ringsum sich ausbreitenden
Ebene aufgeworfen ist. Tie in einem gegenseitigen Abstande
von 3—1 Kilometern erbauten Forts liegen 5 — 8 Kilometer
von dem Stadtwalle entfernt. Rechts des Rheins liegen die
Forts Kirchbach, Bose und Blumenthal. Der mittlere Durch-
messer des verschanzten Lagers — denn ein solches bildet die
Festung Straßburg gerade so wie Metz —, in welchem 250 —
300 000 Mann ausgenommen werden können, beträgt 14 Kilo-
meter, während der Durchmesser einer feindlichen Einschlußlinie
mindestens 26 Kilometer lang sein würde, und der Belagerer
einen Umkreis von 80 Kilometern besetzen müßte. Nur Paris
übertrifft an räumlicher Ausdehnung diesen deutschen Waffenplatz.
Bei Paris bildet der Kranz der neueren, äußeren Befestigungen
um die Stadt eine von Westen nach Osten liegende Ellipse,
deren kurze Axe auf 30, deren lange dagegen auf 40 Kilometer
gestreckt ist. Der jetztige Festungsgürtel Straßburgs hat bekannt-
lich einen bedeutenden Raum zur Vergrößerung der Stadt frei
gegeben. Kurz nach 11 Uhr lief unser Zug in die hohe, statt-
liche, prächtig geschmückte Halle des Straßburger Bahnhofs ein.
Von Saarburg an hatte ich als Reisegenossen einen dem Arbeiter-
stande angehörigen, jungen Mann, den ich an seiner Sprache
sogleich als Vorderpsälzer erkannte. Er war in der Gegend
von Germersheim zuhause und seit Jahren in Straßburg an-
sässig. Er arbeitete an dem Bau der Saarburger Kaserne mit
und reiste in Familienangelegenheiten nach Straßburg. Mit der
den Vorderpfülzern angeborenen Lebhaftigkeit und Redegewand-
heit erzählte er mir unter anderem, wie er einmal in Freiburg
i. B. von einem hohen Gerüste hernntergestürzt, für tot vom
Platze weggetragen worden sei, aber zum Staunen aller Profes-
soren und Doktoren keine innerliche Verletzung davongetragen
habe und nach einigen Wochen als geheilt aus dem Spital ent-
lassen worden sei. „Unkraut vergeht nicht" — meinte er mit
einem bedeutungsvollen Lächeln, — der Mann hatte nämlich
feuerrote Haare. Jnterressant war es mir, von diesem Arbeits-
manne, also gleichsam aus dem Munde des Volkes selbst, das
Lob des verstorbenen Statthalters von Manteuffel zu vernehmen.
Der sei ein guter, braver Mann gewesen, so freundlich gegen
 
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