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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 22.1905

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Nr. 3 (März 1905)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29783#0045
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In Kurpfalz angekommcn, bewirtet er seine Gäste in echt pfälzischer Gast-
freundschaft reichlich mit Speise und Trank/ was den beiden Wandersmännern
natürlich baß behagt. Ans dankbarem Herzen lassen sie den Jäger ans Knrpfalz
bei perlendem Psälzerwein hochleben.

Ich kann mir nicht versagen den wegen des naiven Eingangs besonders ge-
lungenen Schlnßvers 9 des älteren Liedes hier nochmals wiederzugeben:

„Nun weiß ich weiter nichts. Was noch geschah/ denkt selber nach! Stoßt
an, es lebe hoch der Jäger aus Kurpfalz! Juja/ jusii/ gar lustig ist die Jägerei
allhier aus grüner Heid!"

Beide unabhängig neben einander herlaufende humorvollen Handlungen be-
leben dieses das freie ungebundene Jäger- und Herrenleben zu damaliger Zeit
mit verherrlichende Lied ungemein; der Liebesheld heißt allgenrein pjeudvnym
Hubertus/ der biedere Gastfreund ist jedoch der Jäger aus Kurpfalz selbst.

Für ein höheres Alter des Liedes könnten demnach die in Vorstehendem ge-
fundenen inneren und äußeren Kennzeichen sprechen/ nämlich seine natürliche Frische/
der gut getroffene Volkston, die schlichte, altertümliche aber doch klangvolle wie
zur Jagd antreibende lebhafte Melodie, endlich die für die ältere Abfassung des
Volksliedes geradezu charakteristische Gleichgiltigkeit gegen die Silbenzahl im Verse. —

Der zweite Teil meiner Beweisführung für den älteren Ursprung unseres
Volks- und Jägerliedes soll durch eine kurze geschichtliche Beleuchtung der vermut-
lichen Entstehungszeit erbracht werden.

Zu diesem Zwecke müssen wir uns vor allem die Frage vorlegen: Birgt sich
unter dem Jäger ans Kurpfalz eine bestimmte historische Persönlichkeit und wenn
ja, welche? Oder ist es nur eine allgemeine Personifikation mit frei erfundener
Persönlichkeit für die zu Ausgang des 16. Jahrhunderts gerade zu Kurpfalz eine
große Rolle spielende Jägerei und Jagdherrlichkeit?

Anfänglich war ich geneigt, lediglich das letztere anzunehmen. Bei weiterer
Vertiefung bekehrte ich mich jedoch zur erfteren Anschauung, der ich in Nachstehendem
Ausdruck geben will.

Kurfürst Ludwig der Sechste von der Pfalz war 1583 gestorben und hatte
das Land seinem erst neunjährigen Sohne, dem nachmaligen Kurfürsten Friedrich
den. Vierten, hinterlassen.

Des Knaben Vormund wurde sein Oheim, des Verstorbenen jüngerer Bruder
Psalzgraf Johann Kasimir, der auch als Kurverweser die Landesregierung über-
nahm und unter anderem die kalvinische Lehre in der Kurpfalz wieder einführte.

Für sich hatte Johann Kasimir von Kurpfalz aus auf Lebzeiten gleichsam
als Sekundogenitur die beiden kurpfälzischen Oberämter Lautern und Neustadt a. H.
vom Jahre 1517 bis zu seinem 1592 erfolgten Tode als eigenes Fürstentum
Pfalz-Lautern inne.

Als Psalzgraf residierte er zumeist in Lautern, wo er die alte Kaiserburg
im Stile des Heidelberger Schlosses zu seiner Residenz umbauen und erweitern ließ.

Zu Neustadt bewohnte er Burg Winzingen, das jetzige Haardter Schlößchen;
bekannt und berühmt ist das alte Kunstblatt mit seinem bewaffneten Ausritt von
der Burg zum niederrheinischen Feldzuge.

Auch gründete er zu Neustadt eine nach damaligen Begriffen „Hohe" Schule,
etwa eine jetzige Lateinschule oder ein Progymnasium in dem Gott und den
Musen geweihten („vao ^ musis 8uernncksi heute noch vorhandenen, jedoch ander-
weitig verwendeten, am Speyerbache in der unteren Stadt stehenden Renaissanzebau
„Kasimirianum".

Johann Kasimir war ein aufgeklärter, im Geiste der Reformation und öes
Humanismus großgewordener, volksfreundlicher, daher auch volkstümlicher Fürst,
 
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