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Pfisterer, Ulrich; Donatello
Donatello und die Entdeckung der Stile: 1430-1445 — München: Hirmer Verlag, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.57354#0224

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antiken //gwra-Lehre überkommen ist, verwies für den durch sie bewirkten
Eindruck von Lebendigkeit, Abwechslung und Affektwirkung auf vergleich-
bare Erscheinungen bei den Bildenden Künsten. Das verhüllte Haupt auf
dem Gemälde des Timanthes etwa erscheint als exemplarische malerische
Figurierung mit höchstem Pathosgehalt.113 Daß Alberti die Überlegungen
Quintilians bekannt waren, zeigt seine Definition von variatio, auf die wir
im Zusammenhang mit dem Bronze-David Donatellos noch ausführlich
zurückkommen werden (Kap. VI).
Die Bedeutung der figurae für die Darstellung von ethos und pathos in
Malerei und Bildhauerei, aber auch die Spannung zwischen der Forderung
nach Naturtreue und künstlicher Figurierung expliziert jedoch am deutlich-
sten Bartolomeo Fazio in seinem Vorwort zu den Malerviten (1453):
Deshalb müssen sich sowohl der Maler wie der Dichter um die Darstel-
lung der natürlich-charakteristischen Eigenschaften der Dinge bemühen,
denn daran wird am deutlichsten beider Begabung und Können erkannt.
|...| Die Dinge nämlich müssen im Vergleich ihrem Naturvorbild ähnlich
sein. Deshalb hat die Malerei zurecht auch immer großes Lob erhalten.
Ist es doch eine Kunst von höchstem Können und Begabung. Keine andere
Kunstfertigkeit verlangt mehr Klugheit, da nicht allein die Darstellung
des Mundes, Gesichts und des gesamten Körpers, sondern ebenso die der
Gemüts- und Körperbewegungen gefordert ist, so daß das Bild zu leben
und empfinden und in gewisser Weise sich zu bewegen und handeln
scheint. |.. .| In der Tat, wie es laut Horaz für ein Gedicht nicht genügt,
nur schön zu sein, sondern es auch ansprechen muß, so daß es die Seele
und Empfindung der Menschen in jede beliebige Richtung lenken kann,
so darf ein Bild nicht nur durch verschiedene Farben geschmückt sein,
sondern es muß vielmehr in gewisser Lebendigkeit figuriert [figuratusl
sein, um es so zu sagen. Und was für die Malerei gilt, läßt sich entspre-
chend auf die Skulptur, die Gießkunst und Architektur - alles Künste, die
aus der Malerei erwachsen sind - übertragen.114

113 Quintilian, histitutio Oratoria, II, 13, 8-13.
114 Bartolomeo Fazio, De pictoribus: »Atque in bis proprietatihus rerum exprimendis
tarn pictori quam poetae elaborandum est, et in ea sane re utriusque ingenium ac facultas
maxime agnoscitur. |.. .| Oportet enim comparatorum naturam simile esse. Et sane semper
magnus honos nec immerito picturae fuit. Est enim ars magni ingenii ac solertiae, nee temere
alia inter operosas maiorem prudentiam desiderat, ut pote quae non solum ut os ut faciem
ac totius corporis lineamenta, sed multo etiam magis inferiores senus ac motus expriman-
tur postulat, ita ut vivere ac sentire pictura illa et quodammodo moveri ac gestire videatur.
Alioquin similis fuerit poemati pulchro illi quidem et eleganti, sed languido ac nihil moventi.
Verum, ut non satis est poemata pulchra esse, ut ait Horatius, oportet enim dulcia sint, ut
quameunque in partem velint animos hominum sensusque permoveant, ita et picturam non
solum colorum varietate exornatam, sed multo magis vivacitate quadam, ut ita loquar, figu-

224 IV. »Maximus artifex statuarum
 
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