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Busch, Jörg W.
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 5): Der Liber de honore ecclesiae des Placidus von Nonantola: eine kanonistische Problemerörterung aus dem Jahre 1111 ; die Arbeitsweise ihres Autors und seine Vorlagen — Sigmaringen: Thorbecke, 1990

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.73976#0148
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Errorreihe eingebunden sind238, sondern auch die übrigen nicht unmittelbar der Nonantola-
ner Register-Hs. Vat. Lat. 622 entnommen wurden. Zumindest die im 94. Traktatkapitel
vorliegende Stelle aus dem Brief 9,215 kann auf Grund paralleler Erscheinungen in einem
Überheferungszusammenhang mit der Doppelstelle aus dem Brief 9,218 gesehen werden, die
in der Promotionesreihe vorliegt239. Das Beispiel der Reimser Kurzsammlung, aber noch
mehr das des zweiten Heftes der sogenannten Collectio Barberiniana zeigt240, daß Elemente
der Promotionesreihe nicht nur mit den genannten Registerstellen, sondern mit einer Reihe
weiterer Exzerpte aus echten und vorgeblichen Briefen Gregors I. vorgelegen haben. Eine um
einschlägige Äußerungen gegen simonistische Praktiken und gegen die Entfremdung von
Kirchengut erweiterte Fassung der Promotionesreihe darf daher als Vorlage des Placidus nicht
nur für den Kernbestand der Kapitel 102 bis 114, sondern auch für die Registerstellen und
die Humbertzitate im 94., 96. und 97. Kapitel sowie für die durch den Autor stark verän-
derte Registerdoppelstelle im elften und zwölften Kapitel angenommen werden. Ob unter
diesen Exzerpten bereits die Paraphrase nach dem Brief 13,11 vorhanden war, muß angesichts
eines fehlenden Beleges eher bezweifelt werden. Doch zeigt die Einzelüberlieferung des
zugrundeliegenden Briefes in den Acta sancti Silvestri, daß Placidus nicht auf das Register
selbst zurückgreifen mußte. Der Auszug aus dem Brief 3,26, den Placidus im 90. Kapitel in
einem Umfang wiedergab, der ohne Parallele in der kanonistischen Überlieferung dieses
Stückes bleibt, dürfte daher nicht unter den übrigen Registerexzerpten der anzunehmenden
Kompilation vorgelegen haben, sondern einer Einzelüberlieferung entnommen sein, wie sie
für den Brief 13,11 in den Acta sancti Silvestri nachgewiesen werden kann241. Für den
überwiegenden Teil der im Traktat angeführten Registerstellen jedoch ist die Vermittlung
durch eine anzunehmende Kompilation einschlägiger Exzerpte aus den Briefen Gregors I.
anzunehmen, wobei diese, wie auch die Humbertzitate, in einem Zusammenhang mit der
Vorlage für die Promotionesreihe gesehen werden können. Die in der Reimser Kurzsamm-
lung und im zweiten Heft der Collectio Barberiniana vorliegende Verbindung einiger der
genannten Bestandteile mit der Errorreihe läßt sich jedoch für die reformerische Kompilation,
auf die Placidus zurückgegriffen hat, nicht mit letzter Sicherheit belegen242.
III. Die chronologischen Kanonessammlungen
Einem Autor, der unmittelbar nach einem politischen Ereignis einen kanonistischen Traktat
verfaßte, wird es kaum möglich gewesen sein, eingehend chronologische Sammlungen nach
geeigneten Texten durchzuarbeiten. Im Falle des Placidus konnten die von ihm benutzten

238 LdHE 104,1 (64), 109f. (68f.) und 111 (73) sowie LdHE 124 (70).

239 Zu der Kombination von LdHE 94 (67) und 109f. (68f.) s. die o. Anm. 208 angeführten Belege.

240 S. o. Anm. 209.

241 Die Tatsache, daß in der Inskription zu LdHE 90 (65) der Empfänger des Schreibens genannt wurde,
während die übrigen Stellen mit der Wendung Ex registro/decreto (sancti) Gregorii papae zugeschrieben
sind, muß nicht zwangsläufig auf die Verwendung der Briefsammlung oder des gesamten Schreibens in
einer Einzelüberlieferung hindeuten; denn auch zu LdHE 104,1 (64), das in unmittelbarem Zusammen-
hang mit der Promotionesreihe zu sehen ist, wurde der Empfänger, wenn auch nicht ganz zutreffend
genannt; s. o. Anm. 183.

242 S. o. S. 119.

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