ner Bibliothek bezogen wurde, belegt es dennoch beispielhaft, daß seine Beschaffung aus einer
anderen Bibliothek nicht unmöglich war.
Die Überlegungen zur Vermittlung der römischrechtlichen Texte im Traktat lassen also
insgesamt nur den Schluß zu, daß sich sein Autor einer vermittelnden Vorlage bedient haben
dürfte. Diese kann in unmittelbarer Abhängigkeit von einem Exemplar der Epitome Julians
gesehen werden, weil die bekannten, daraus schöpfenden Sammlungen, unter ihnen auch die
alle Texte des Placidus bietende Lex Romana canonice compta, die Reihenfolge der Paragra-
phen in den einzelnen Konstitutionen auflösten25, während sie in der für den Traktat
herangezogenen noch gewahrt blieb. Daher gewinnt die Annahme, daß die vom Autor
herangezogene Vorlage unmittelbar von der Epitome abhängig war, ein höheres Maß an
Wahrscheinlichkeit als die, daß seine Kompilation von einer vermittelnden Exzerptsammlung
abhängig war. Die Auffassung von Kayser, Placidus habe die römischrechtlichen Stellen dem
unmittelbaren Zusammenhang einer Kanonessammlung entnommen, widerlegt der Befund,
den die Verwendung dieser Texte in der Kanonistik des 11. Jahrhunderts zu bieten vermag.
Allerdings bleibt davon die Möglichkeit unberührt, daß die benutzte römischrechtliche
Kompilation einer der verlorenen Nonantolaner Kanonessammlungen, wie dem ps.isidori-
schen Dekretalenwerk, dem Dekret Burchards oder den reformerischen Kompilationen für
die nachburchardischen Reihen, beigebunden oder in ihr nachgetragen war. Für diese anzu-
nehmende Form der Überlieferung konnten gerade für den im 156. Traktatkapitel angeführten
Auszug aus der ersten Sirmondschen Konstitution Beispiele angeführt werden26.
VI. Die Vermittlung der patristischen Zitate
Die bereits behandelten, im engeren Sinne kanonistischen Vorlagen vermittelten Placidus
nachweislich oder doch mit einiger Sicherheit 17 seiner insgesamt 63 Väterstellen. Hierzu
zählen die nicht identifizierbaren Augustinus-Stellen, aber auch zwei Exzerpte aus seinen
Briefen, die in den burchardischen und nachburchardischen Reihen eingebunden sind oder
doch mit ihnen überliefert worden sein dürften1. Ebenfalls mit den nachburchardischen
Reihen übernahm der Autor angebliche Äußerungen Cassiodors und Gregors von Nazianz
sowie zwei Isidor-, eine Ps.Johannes Chrysostomus- und eine Moralia-Stelle Gregors I., für
dessen Register gleichfalls von einer vermittelnden Vorlage auszugehen ist, soweit die
Exzerpte nicht in eine der nachburchardischen Reihen eingebunden sind2. Ebenfalls nicht der
25 Vgl. Conrat, S. 218.
26 S. o. Anm. 3.
1 Die angeblichen Augustinusworte LdHE 10,2 (36) und 46 (35) finden sich in der Laici- bzw. Oblatio-
reihe (s. o. S. 88 ff./93f.), das dritte, LdHE 120,1/131 (34) vorliegende, dürfte mit einiger Wahrscheinlich-
keit durch die Vorlage für die Errorreihe vermittelt worden sein (s. o. S. 113); dies dürfte auch für die
Briefstelle LdHE 120,2 (28) gelten, zumal die zweite, LdHE 108 (29), zur Promotionesreihe gehört (s. o.
S. 116).
2 Nachweislich zur Errorreihe gehören die Moraliastelle LdHE 121 (62), die beiden falsch zugeschriebe-
nen Isidorzitate LdHE 125f. (83 f.) und das angebliche Cassiodorwort LdHE 129,2 (48); s. o. S. 105 ff. Das
dritte Isidorzitat LdHE 16 (82) gehört eindeutig der burchardischen Laicireihe an (s. o. S. 88, Anm. 67).
Das Ps.Chrysostomus-Wort LdHE 106 (85) dürfte durch die Vorlage für die nachburchardi-
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anderen Bibliothek nicht unmöglich war.
Die Überlegungen zur Vermittlung der römischrechtlichen Texte im Traktat lassen also
insgesamt nur den Schluß zu, daß sich sein Autor einer vermittelnden Vorlage bedient haben
dürfte. Diese kann in unmittelbarer Abhängigkeit von einem Exemplar der Epitome Julians
gesehen werden, weil die bekannten, daraus schöpfenden Sammlungen, unter ihnen auch die
alle Texte des Placidus bietende Lex Romana canonice compta, die Reihenfolge der Paragra-
phen in den einzelnen Konstitutionen auflösten25, während sie in der für den Traktat
herangezogenen noch gewahrt blieb. Daher gewinnt die Annahme, daß die vom Autor
herangezogene Vorlage unmittelbar von der Epitome abhängig war, ein höheres Maß an
Wahrscheinlichkeit als die, daß seine Kompilation von einer vermittelnden Exzerptsammlung
abhängig war. Die Auffassung von Kayser, Placidus habe die römischrechtlichen Stellen dem
unmittelbaren Zusammenhang einer Kanonessammlung entnommen, widerlegt der Befund,
den die Verwendung dieser Texte in der Kanonistik des 11. Jahrhunderts zu bieten vermag.
Allerdings bleibt davon die Möglichkeit unberührt, daß die benutzte römischrechtliche
Kompilation einer der verlorenen Nonantolaner Kanonessammlungen, wie dem ps.isidori-
schen Dekretalenwerk, dem Dekret Burchards oder den reformerischen Kompilationen für
die nachburchardischen Reihen, beigebunden oder in ihr nachgetragen war. Für diese anzu-
nehmende Form der Überlieferung konnten gerade für den im 156. Traktatkapitel angeführten
Auszug aus der ersten Sirmondschen Konstitution Beispiele angeführt werden26.
VI. Die Vermittlung der patristischen Zitate
Die bereits behandelten, im engeren Sinne kanonistischen Vorlagen vermittelten Placidus
nachweislich oder doch mit einiger Sicherheit 17 seiner insgesamt 63 Väterstellen. Hierzu
zählen die nicht identifizierbaren Augustinus-Stellen, aber auch zwei Exzerpte aus seinen
Briefen, die in den burchardischen und nachburchardischen Reihen eingebunden sind oder
doch mit ihnen überliefert worden sein dürften1. Ebenfalls mit den nachburchardischen
Reihen übernahm der Autor angebliche Äußerungen Cassiodors und Gregors von Nazianz
sowie zwei Isidor-, eine Ps.Johannes Chrysostomus- und eine Moralia-Stelle Gregors I., für
dessen Register gleichfalls von einer vermittelnden Vorlage auszugehen ist, soweit die
Exzerpte nicht in eine der nachburchardischen Reihen eingebunden sind2. Ebenfalls nicht der
25 Vgl. Conrat, S. 218.
26 S. o. Anm. 3.
1 Die angeblichen Augustinusworte LdHE 10,2 (36) und 46 (35) finden sich in der Laici- bzw. Oblatio-
reihe (s. o. S. 88 ff./93f.), das dritte, LdHE 120,1/131 (34) vorliegende, dürfte mit einiger Wahrscheinlich-
keit durch die Vorlage für die Errorreihe vermittelt worden sein (s. o. S. 113); dies dürfte auch für die
Briefstelle LdHE 120,2 (28) gelten, zumal die zweite, LdHE 108 (29), zur Promotionesreihe gehört (s. o.
S. 116).
2 Nachweislich zur Errorreihe gehören die Moraliastelle LdHE 121 (62), die beiden falsch zugeschriebe-
nen Isidorzitate LdHE 125f. (83 f.) und das angebliche Cassiodorwort LdHE 129,2 (48); s. o. S. 105 ff. Das
dritte Isidorzitat LdHE 16 (82) gehört eindeutig der burchardischen Laicireihe an (s. o. S. 88, Anm. 67).
Das Ps.Chrysostomus-Wort LdHE 106 (85) dürfte durch die Vorlage für die nachburchardi-
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