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Institut Français d'Archéologie Orientale <al-Qāhira> [Hrsg.]; Mission Archéologique Française <al-Qāhira> [Hrsg.]
Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l'archéologie égyptiennes et assyriennes: pour servir de bullletin à la Mission Française du Caire — 28.1906

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Nr. 1-2
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Wiedemann, Alfred: Jakob Krall
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https://doi.org/10.11588/diglit.12675#0140
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stânden zu kâmpfen gehabt; allmàlig aber wurden seine àussern Verhàltnisse freier
und unabhàngiger. Im Jahre 1900 vermâhlte er, der seit dem 1893 erfolgten Tode seiner
Mutter einsam gelebt hatte, sich mit der dichterisch hochbegabten1 Tochter seines
einstigen Lehrers Bûdinger. Ailes schien ihm jetzt eine sonnige Zukunft zu verheissen,
da befiel ihn nach wenigen Jahren vollen Glùckes tuckische Krankheit. Nach langem
Leiden verschied er am 27 April 1905.

Krall war eine stille Gelehrtennatur. Dem grossen Gesellschaftstreiben war er
abhold, wenn er auch gern mit Gleichgesinnten verkehrte. Im persônlichen Umgang
lernte man schnell den bescheiden auftretenden, kenntnissreichen und scharfsinnigen
Mann schàtzen und hoch halten. Politisch war er libéral gesinnt, doch hat er in die
Parteikâmpfe, die in Wien eine so grosse Rolle spielen, niemals handelnd eingegriffen.
Am wohlsten fùhlte er sich in der Studierstube bei der ruhigen, gleichmâssigen Arbeit.
Sein Urtheil ùber fremde Leistungen war wohl erwogen, sachlich gelegentlich scharf,
aber nicht persônlich verletzend. Die Kritik um ihrer selbst willen liebte er nicht,
von Polemik hielt er sich môglichst fern. In einen grôssern wissenschaftlichen Streit
wurde er nur einmal verwickelt. Revillout, mit dem er in Paris und dann noch
mehrere Jahre hindurch nahe gestanden hatte, besprach in einem Aufsatze (JRev.
égypt., III, p. 98 fï.) den Wiener demotischen Papyrus nr. 31 auf Grund einer ihm
von Krall ùbermittelten Abschrift und gedachte dabei auch KralFs. Allein, dieser war
bei seiner Bearbeitung des Textes zu abweichenden Ergebnissen gelangt und veroffent-
lichte nun (1884) eine diesbezùgliche Studie, auf welche Revillout in âusserst heftiger
und stark persônlicher Weise entgegnete (Le Poème satyrique, Paris, 1885, und Rev.
égypt., III, S. 148; IV, S. 196). Krall sah sich gezwungen, eine Abwehr dieser An-
griffe erscheinen zu lassen, welche fur ihn als jungen Gelehrten besonders emptindlich
sein mussten. Die Auseinandersetzung fand damit ihren Abschluss. H. Brugsch ver-
fasste kurz darauf eine Arbeit ùber den gleichen Text (Ag. Zeitschr., XXVI, S. 1 tï.),
in der auch er andere Ansichten wie Revillout vertrat, und so wandte sich nunmehr
dessen Polemik gegen Brugsch (Rev. égypt., V, S. 176 ff. ; VI, S. 49 fï.; u. s. f.).

Uber die wissenschaftlich publizistische Arbeit Krall's giebt das untenstehende
Verzeichniss seiner Schriften* Aufschluss. Es zeigt, wie er am Anfange seiner Thâ-
tigkeit sich besonders mit der Geschichte des spâtern Agyptens beschâfitigte und dabei
chronologische und quellenkundliche Fragen bevorzugte. In Zusammenhange damit
erschienen Bruchstùcke von Commentaren zu den das Nilthal betrerfenden Theilen des
Herodot, Diodor und Tacitus und Untersuchungen ùber die Einflùsse Manetho's auf
spàtere klassische Autoren. Nur gelegentlich ging er damais auf Demotisch und Kop-
tisch ein. Die Erforschung dieser beiden Sprachzweige und der in ihnen erhaltenen
IJrkunden und Texte haben aber dann, als die Schâtze der Sammlung Erzherzog Rainer

1. Sie hatte 1895 unter dem Pseudonym E. Bùgner ein Epos « Kônig Drosselbart » erscheinen lassen.

2. Krall verôffentlichte eine lâugere Reihe von Besprechungen in den verschiedensten kritischen Jour-
nalen und Fachzeitschriften, doch beschrànkte er sich dabei meist auf kritische Inhaltsangaben. Von diesen
Artikeln sind nur einige, welche ausgedehntere Erôrterungen einzelner in Frage kommender Puukte eut-
halten, in das Verzeichniss aufgenommen worden.
 
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