Litteraturbericht.
Theorie und Technik der Kunst. Ikonographie.
Das System der Künste, entwickelt von Dr. Max Schasler. Leipzig, Verlag
von Wilhelm Friedrich. 1882.
Die in dieser Schrift behandelte Frage darf in dem Sinne als der Kern-
punkt aller Aesthetik angesehen werden, als die richtige Eintheilung eines
Stoffes überhaupt die Vorbedingung aller wahren und erschöpfenden wissen-
schaftlichen Behandlung desselben sein wird. Es hat bisher an einer allgemein
angenommenen und feststehenden oder kanonischen Eintheilung des künstlerisch
Schönen in seine einzelne Arten gefehlt. Zwar sind diese Arten an sich
überall bestimmt gegen einander begrenzt, aber es muss auch ein oberstes
einheitliches oder rationelles Princip der Gliederung geben, aus welchem der
eigenthümliche Charakter und die natürliche Stellung jeder einzelnen Art im
Ganzen der Künste mit Deutlichkeit hervorgeht. Die bisherigen Versuche
der Eintheilung werden im Eingänge kritisch dargestellt und beleuchtet; die
ganze Frage aber ist zur Zeit noch eine offene und wir können im Voraus
unsere Ansicht dahin aussprechen, dass uns der Verfasser wenigstens auf dem
Wege zu sein scheint, das Richtige in dieser Sache zu treffen.
Hat Herr Sch. nicht doch vielleicht einen noch etwas zu scharf ge-
spannten Begriff von einer einheitlich rationellen oder systematischen Gliede-
rung der Künste? Wir freuen uns, dass Herr Schasler das in seiner kri-
tischen Geschichte der Aesthetik zuerst festgehaltene, an den Rhythmus Hegel’s
anklingende dialektische Evolutionsschema des Schönen jetzt von sich abge-
streifl zu haben scheint, was dem sonst reichen und werthvollen Inhalt des
•Buches eine zu abstract schematische Gestalt gegeben hat. Ihm ist jetzt selbst
Vischer noch zu sehr in Hegel befangen. Wir schätzen in Hegel die einheit-
liche Geschlossenheit seines Denkens, aber wir halten es darum noch nicht
gerade für ein nothwendiges Erforderniss eines Systemes der schönen Künste,
dass alles überhaupt hierzu Gehörige in einer einzigen zusammenhängenden
Reihe verlaufen und sich vor uns darstellen müsse.
Das Charakteristische für eine jede Kunst liegt zunächst offenbar in ihrem
Material oder in dem, was als ihre allgemeine und feststehende empirische
Naturbedingung angesehen werden kann. Auch die an sich freieste aller
Theorie und Technik der Kunst. Ikonographie.
Das System der Künste, entwickelt von Dr. Max Schasler. Leipzig, Verlag
von Wilhelm Friedrich. 1882.
Die in dieser Schrift behandelte Frage darf in dem Sinne als der Kern-
punkt aller Aesthetik angesehen werden, als die richtige Eintheilung eines
Stoffes überhaupt die Vorbedingung aller wahren und erschöpfenden wissen-
schaftlichen Behandlung desselben sein wird. Es hat bisher an einer allgemein
angenommenen und feststehenden oder kanonischen Eintheilung des künstlerisch
Schönen in seine einzelne Arten gefehlt. Zwar sind diese Arten an sich
überall bestimmt gegen einander begrenzt, aber es muss auch ein oberstes
einheitliches oder rationelles Princip der Gliederung geben, aus welchem der
eigenthümliche Charakter und die natürliche Stellung jeder einzelnen Art im
Ganzen der Künste mit Deutlichkeit hervorgeht. Die bisherigen Versuche
der Eintheilung werden im Eingänge kritisch dargestellt und beleuchtet; die
ganze Frage aber ist zur Zeit noch eine offene und wir können im Voraus
unsere Ansicht dahin aussprechen, dass uns der Verfasser wenigstens auf dem
Wege zu sein scheint, das Richtige in dieser Sache zu treffen.
Hat Herr Sch. nicht doch vielleicht einen noch etwas zu scharf ge-
spannten Begriff von einer einheitlich rationellen oder systematischen Gliede-
rung der Künste? Wir freuen uns, dass Herr Schasler das in seiner kri-
tischen Geschichte der Aesthetik zuerst festgehaltene, an den Rhythmus Hegel’s
anklingende dialektische Evolutionsschema des Schönen jetzt von sich abge-
streifl zu haben scheint, was dem sonst reichen und werthvollen Inhalt des
•Buches eine zu abstract schematische Gestalt gegeben hat. Ihm ist jetzt selbst
Vischer noch zu sehr in Hegel befangen. Wir schätzen in Hegel die einheit-
liche Geschlossenheit seines Denkens, aber wir halten es darum noch nicht
gerade für ein nothwendiges Erforderniss eines Systemes der schönen Künste,
dass alles überhaupt hierzu Gehörige in einer einzigen zusammenhängenden
Reihe verlaufen und sich vor uns darstellen müsse.
Das Charakteristische für eine jede Kunst liegt zunächst offenbar in ihrem
Material oder in dem, was als ihre allgemeine und feststehende empirische
Naturbedingung angesehen werden kann. Auch die an sich freieste aller