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ANTJE KEMPĘ

Entscheidend fur die Gestaltung waren jedoch die direkten Vorbilder, die in den Grabmàlern der Werkstatt Kern im frànkischen Raum
zu finden sind. Dièse bildeten ein Formenrepertoire aus, dass bei der Arbeit Achilles Kerns zur Anwendung kam. Ebenso steht der
geriistete gisant in einer langen Tradition ritterlicher Selbstdarstellung in der Grabplastik. Neben Mut und Tapferkeit, die in den Reliefs
zur Anschauung kommen, verkôrpert der gisant auch die Tugenden eines Kriegers, was sich aus der Herleitung dièses Typus vom
Motiv des schlafenden Tràumers ergibt, das unter anderem in der Malerei bei der Darstellung von Kriegern Verwendung fand.

Die Ikonographie der Grabmaler ist nicht zuletzt auch einem Kriegerethos durch die seit dem Mittelalter bekannte Tradition
der Einfugung kriegerischer Insignien sowie die als Schlachtenbilder zu verstehenden Reliefs auf den Lângs- und Querseiten der
Tumben verpflichtet. Insbesondere die Relieftafeln weisen eine Nâhe zur Schlachtenmalerei auf. Dièse Evokation dient in erster
Linie der Glorifizierung des Verstorbenen und konstituiert den visuellen Beweis fur seine Fama. Es hat sich gezeigt, daB die Ikono-
logie der Schlachtendarstellung iiber die Jahrhunderte hinweg ahnlichen Anspriichen verpflichtet war. Die Reprâsentation des Ver-
storbenen vor der Folie des Kampfes stellt das Individuum iiber die Geschichte, deren tatsachengetreue Erzâhlung in den Hintergrund
gérât. Sie verbindet sich mit einer Uberhôhung des eigenen biographischen Anteils, wie es auch in den Darstellungsstrategien auf
den Relieftafeln im Falle Hatzfeldts aufgezeigt werden konnte, durch die Verwendung von reprâsentativen Motiven wie dem Rei-
terbildnis.

Aus dem Kriegsdienst schôpfte Hatzfeldt seine Réputation, die er aus einem normenkonformen Leben sowie seinen Verdien-
sten ableitete. In ihrer Programmatik entsprechen die Grabmaler dennoch trotz der verschiedenen an sie gestellten Anspriiche, auf-
fallig der Lebensbilanz des Verstorbenen.

Antje Kempe
 
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