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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0042
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38

Die Ergebnisse: Zusammenfassung und historische Auswertung

Die mittelkaiserzeitliche Erweiterung
im Osten des Grabungsareals
Zwei nur in kleinen Teilen ergrabene Mauern im Ostteil des
Grabungsareals, die in Ost-West-Richtung in Verlängerung
von Mauer 8 verlaufende Mauer 9 und die parallel zu Mauer
75 etwa in Nord-Süd-Richtung verlaufende Mauer 31 (Beil. 1)
wurden nach Aussage der anlaufenden Schicht 52, die einen
terminus ante quem für den Bau der Mauern bildet, vor der
Mitte des 3. Jhs. n. Chr., wohl zwischen der zweiten Hälfte des
2. Jhs. und der Mitte des 3. Jhs. n. Chr. errichtet (Taf. 6, 2).
Das Feinkeramikspektrum der über 52 liegenden Schicht 42
umfasst ebenfalls das späte 2. und 3. Jh. n. Chr. Welchem
Zweck die beiden Mauern 9 und 31 dienten, ist beim der-
zeitigen Forschungsstand noch unbekannt. Die Schichten 52
und 42 wiesen genau wie die auf gleicher Höhe liegenden
Schichten in den westlichen Grabungsarealen große Mengen
an Bauschutt auf, vor allem Wandverputz und klein fragmen-
tierte Mosaikteile, und stammen somit wohl aus der gleichen
Aufschüttungsphase wie die massiven Verfüllungsschichten in
den westlichen Räumen.

Die Maison du Trifolium und ihr Annex
Nach dem Bau der Maison du Trifolium und ihrer massiven
Südmauer (342) im 2. Jh. n. Chr. wurden zwischen dieser
Südmauer und der Straße vier Räume angelegt, die sich auf die
gepflasterte Straße öffneten (Räume E, F, G, H) (Taf. 42 Beil.
I)209. Die Straße weitete sich an dieser Stelle zu einem klei-
nen Platz, auf dem im Pflaster (145) Einlassungen für hölzerne
Konstruktionen nachzuweisen sind (Taf. 10, 1). Bei den vier
Räumen handelte es sich wohl um Läden, vor deren Eingang
Holzpfosten beispielsweise Verkaufstischen, Abschrankungen
oder Sonnensegeln gedient haben können. Die Mauern der
Räume binden nicht in die Südmauer des Trifoliumshauses
ein, was die leider nicht zu beantwortende Frage aufwirft, ob
die Räume gemeinsam mit dem Haus geplant und errichtet
oder deutlich später angebaut wurden210.
Während im 3. Jh. n. Chr. südlich der Straße keine weiteren
Bauaktivitäten zu verzeichnen sind, wurden im Areal zwischen
der Straße und der Maison du Trifolium im 3. Jh. n. Chr. grö-
ßere Veränderungen vorgenommen. Eine lange Mauer (295)
integrierte die ehemals zur Straße offenen Läden in einen ge-
schlossenen, zweigeschossigen Annexbau zur Maison du Trifo-
lium, der durch eine Tür in der Südwand des Hauses und von
der Straße aus zugänglich war.
Die Mauer sitzt teilweise auf der Straße 7 und dem Pflaster
145 auf. Einen terminus ante quem bilden die an die Mauer an-
laufenden Schichten 34=30 und 279, die sich im ausgehenden
3. oder 4. Jh. n. Chr. über dem Pflaster der Straße anlagern.
Mauer 295 wurde demnach zu einem nicht näher bestimm-
209 Die Maison du Trifolium wurde im Rahmen des von 1996 bis 2000
laufenden Rahmenabkommens zwischen dem INP Tunis und der Universität
Freiburg von Rainer Stutz bearbeitet. Die entsprechende Publikation befindet
sich in Vorbereitung.
210 Hiesel - Strocka 2002, 76.

baren Zeitpunkt zwischen der Pflasterung des Platzes vor der
Maison du Trifolium im 2. Jh. n. Chr. und der spätantiken
Verfüllung errichtet. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die
Änderung der Nutzung der Läden rasch nach ihrer Errichtung
erfolgte. Wesentlich wahrscheinlicher ist, dass einige Jahrzehn-
te zwischen der Errichtung der Läden und ihrer Integration in
den Annexbau liegen, der dann vermutlich im Laufe des 3. Jhs.
n. Chr. erbaut wurde.
Der ehemalige Platz vor den Läden wurde nun ein länglicher
Korridor (D) innerhalb des Annex (Taf. 9, 2), über den die
einzelnen Räume zu erreichen waren. Zusätzlich zu den beste-
henden vier Räumen entstand im Westen ein fünfter Raum (I),
der mit Wasser aus der Maison du Trifolium als Latrine genutzt
wurde. Einen sechsten Raum in Form eines Ganges bildete der
ehemals offene Eingangsbereich der Maison du Trifolium. Im
Osten schlossen sich zwei weitere Räume (A und B) an. Ähn-
liche Erweiterungen von älteren Gebäuden konnten auch im
Westen des Grabungsareals in einem Abschnitt beobachtet
werden, der im frühen 20. Jh. von französischen Archäologen
freigelegt worden war. Gemeinsam mit der Annexmauer 295
griffen diese Konstruktionen stark in die Straße ein. Sie wurde
schmaler und verlor ihren platzartigen Raum vor den ehemali-
gen Läden. Die starken Schramm- und Abnutzungsspuren an
einer der Gebäudeecken sprechen jedoch dafür, dass die Straße
weiterhin benutzt wurde.

z. und 3. Jh. n. Chr.: Zusammenfassung
Das Areal veränderte durch die Aufschüttungen des späten 2.
und 3. Jhs. n. Chr. südlich der Straße deutlich seinen Charak-
ter. Der wirtschaftlich genutzte Komplex wurde aufgegeben
und das Grundstück mit Bauschutt überdeckt. Sowohl die an-
schließende Nutzung des Geländes als auch die Ursache für
seine Umgestaltung sind unbekannt. Das 3. Jh. n. Chr. brach-
te mit der Konstruktion der Mauer 295, die die ehemals zur
Straße hin geöffneten Läden schloss, und der partiellen Über-
bauung der Straße große Veränderungen mit sich. Die Breiten-
reduzierung der Straße ist möglicherweise eine Folge der vor-
herigen Auflassung der Handwerksbetriebe südlich der Straße
und ihrer geringeren Nutzung. Der wertvolle Platz wurde nun
zur Erweiterung von Wohnbauten verwendet. Das Areal süd-
lich der Straße blieb auch im 3. Jh. n. Chr. unbebaut, weshalb
von einer unbekannten alternativen Nutzung auszugehen ist.
Diese Veränderungen fallen in eine Zeit, in der allgemein in
der Provinz zunächst Anzeichen einer leichten Krise, aber
schon unter Gallienus ein Wiederaufleben städtischer Baukul-
tur und eine epigraphische Blütezeit zu beobachten sind211. In
Thugga werden die sog. Licinierthermen errichtet212, wie auch
in der Nachbarstadt Thubursicum Bure Thermen gebaut wer-
den213. Thugga wird zudem zwischen 253 und 260 zur Kolonie
erhoben214, Thubursicum Bure zwischen 260 und 268215.
211 Lepelley 1989, bes. 23; Dupuis 1993; Lepelley 1997.
212 IL Afr. 530; ILTun. 1416.
213 CIL VIII 1437 und 15254.
214 CIL VIII 11933.
215 IL Afr. 506.
 
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