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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0048
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44

Die Ergebnisse: Zusammenfassung und historische Auswertung

keramischen Spuren hinterlassen haben muss248. Da in den
östlichen Transportamphoren neben anderen flüssigen Waren
vornehmlich Wein in den Westen transportiert wurde, ein Le-
bensmittel also, das nicht in erster Linie dazu dient, Küsten-
städte, die von ihrem Hinterland abgeschnitten sind, mit dem
Nötigsten zu versorgen, erscheint die Theorie eines Ersatzes
für eine unzureichende Versorgung der Küstenstädte aus dem
Hinterland nicht alleine überzeugend. Der Unterversorgungs-
Theorie stehen außerdem die großen Mengen an afrikanischen
Exporten entgegen, die nach Aussage von Amphorenfunden
und von ARS, die wohl vor allem als Beifracht auf Getreide-
schiffe geladen wurde, über das Mittelmeer transportiert wur-
den. In Rom selbst waren bei exemplarischen Untersuchungen
noch in der zweiten Hälfte des 5. Jhs. n. Chr. 90 % der Fein-
keramik aus afrikanischer Produktion249. Dies zeigt die engen
Verbindungen mit dem vandalischen Afrika.
Die Aufgabe und Verschüttung ganzer Straßen und Wohn-
viertel seit dem späten 4. Jh. n. Chr. ist, wie etwa in Ostia,
in anderen Städten zu beobachten, die ihren ökonomischen
Charakter veränderten. Die Aufhöhung von Straßen durch
Schutt aufgelassener Gebäude der Nachbarschaft und durch
Siedlungsmüll, die teilweise beachtliche Niveauveränderungen
mit sich bringt, ist dabei ein übliches Phänomen2^’. Für ei-
nen Menschen des 4.-6. Jhs. n. Chr. war auch das enge Ne-
beneinander von bewohnten, ja prosperierenden Vierteln und
aufgelassenen Bereichen ein gewohntes Bild2M. Die Treppe aus
dem Annex heraus auf die schon verschüttete Straße entspricht
genau dieser Situation.

Wie sich die Wohnbereiche Thuggas in der Spätantike en-
wickelten, ist weitgehend unbekannt. Die Grabung südlich
der Maison du Trifolium hat nun zum ersten Mal die Aufgabe
bzw. den Verfall eines Privathauses im 5-/6. Jh. n. Chr. nach-
gewiesen. Auch dies ist nicht für die Stadt Thugga zu genera-
lisieren, da sich einzelne Stadtviertel stark in ihrer spätantiken
Entwicklung unterscheiden können. Unser Befund im Süden
Thuggas steht in einem gewissen Widerspruch zu historischen
Bildern, die ein für die urbanen Landschaften generell positives
Bild des 5. Jhs. n. Chr. in Nordafrika zeichnen252. Der Einblick
südlich der Maison du Trifolium ist jedoch zu klein, um dar-
aus Rückschlüsse auf die Gesamtstadt ziehen zu können. Die
Aufgabe des Annexes im 5.16. Jh. n. Chr. kann durchaus mit
einer Weiterbesiedlung von Räumen der Maison du Trifolium
selbst, deren einer Saal bis heute erhalten ist, einhergegangen
sein. Auch das Gräberfeld spricht für genutzte Wohnbauten in
nicht zu großer Ferne. Die Aufgabe von Teilen der Stadt lässt
sich mit den Ergebnissen der tunesisch-italienischen Grabung
im nahegelegenen Uchi Maius vergleichen, das ebenfalls ab
dem 4. Jh. n. Chr. umfangreiche Veränderungen durchläuft253.
Vieles deutet darauf hin, dass das äußerst dichte und damit
auch für politisch-ökonomische Veränderungen sensible Netz
von Städten in der Region von Thugga seit dem 4. Jh. n. Chr.
einen Konzentrationsprozess durchlief, aus dem das größere
Thubursicum Bure (Teboursouk) als ökonomisches und admi-
nistratives Zentrum der Region hervorging254.

248 Martin-Kilcher 1998, 515.
249 Panella - Sagui 2001,779.
252
250 Leone 2007, passim; Gering 2004, passim.
253
251 Gering 2004, 347 Abb. 27
254

Hierzu s. Ben Abed 1995, passim.
Khanoussi - Mastino 2000, 1271. - s. hierzu allgemein Leone 2007.
Poinssot 1983, 15.
 
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