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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0079
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Die Bestattungen

75

2.3 Anthropologisches Gutachten
zur Sterbealtersschätzung mittels TCA
AN DEN BEIDEN PRÄHISTORISCHEN SKELETTEN
Ursula Wittwer-Backofen

Sterbealtersschätzung anhand der Zahnzementannulation
(TCA-Methode)
Mit der präzisierten Technik der Zahnzementannulation ist es
möglich, anhand einer Zahnwurzel das Alter innerhalb enger
Grenzen von +1-2,5 Jahren zu bestimmen302. Da auf Basis der
morphologischen Merkmale303 für die beiden Skelette lediglich
die sehr weite Altersspanne des Erwachsenenalters bestimmt
werden konnte, sollte eine engere Eingrenzung erreicht wer-
den. Dazu wurde die TCA-Methode angewandt.
Die Zähne wurden zur TCA-Bestimmung vakuumimpräg-
niert eingebettet und histologisch präpariert. Die Präparation
der Zahnwurzel erfolgte nach Standardverfahren304. Die Dar-
stellung der Zementringe ist im Durchlicht in 200—400facher
Vergrößerung (Leica DMRXA) mit Hilfe einer Digitalkamera
(Leica DC 250) möglich. Die Auszählung der Zuwachsringe
im Zahnzement konnte nach digitaler Bildverbesserung am
Computer-Monitor durchgeführt werden (Software: Imagic
IM 1000).
Die Qualität des Zahnzementes wurde durch Diagenesepro-
zesse der Bodenlagerung sichtbar beeinträchtigt. Ablösungen,
Risse und mineralisierte Einschlüsse im diagnostisch wesentli-
chen Zementband sind zu beobachten. Es sind jedoch bei bei-
den Individuen in diagnostisch ausreichendem Maße Areale
intakten Zementbandes erhalten.
Untersuchungsmaterial
Zur Untersuchung wurden jeweils zwei Zähne von zwei männ-
lichen Skeletten (Skelett I, Skelett II) verwendet. Von Skelett I
liegen ein oberer seitlicher Schneidezahn (FDI-Code 12) und
ein unterer hinterer Prämolar (FDI-Code 45) vor, von Skelett
II ebenfalls ein oberer seitlicher Schneidezahn (FDI-Code 12)
und ein unterer Eckzahn (FDI-Code 33).
Skelett I (Bef. 284)
Skelett I, Zahn 12:
Anhand von drei ausgewählten Mikroskopbildern im Ver-
größerungsmaßstab 200x wurden zwischen 23 und 25 Ze-
mentzuwachslinien gezählt (Taf. 30, 1 a. b). Hierzu wird das
Bildungsalter der Zahnwurzel addiert, um zum endgültigen
Alter zu gelangen. In diesem Fall werden 8,6 Jahre durch-
schnittliche Zahndurchbruchszeit (Adler 1967305, Mittelwert
für Zahn 12, männlich, nach der Weltliteratur) angenommen.

302 Wittwer-Backofen — Buba 2002; Wittwer-Backofen u. a. 2003.
303 Nach Ferembach u. a. 1979; Knußmann 1980; Lamendin u. a. 1992;
Prince - Ubelaker 2002.
304 Wittwer-Backofen 2012.
303 Nach Schumacher u. a. 1990.

Geht man von der abgeschlossenen Bildung von 23-25 Ze-
mentringen aus, ergibt sich anhand der TCA-Methode ein
Sterbealter von 31,6-33,6 Jahren. Aufgrund der anzunehmen-
den Fehlerspanne von +1-2,5 Jahren liefert die TCA-Methode
eine Altersbestimmung von 29 bis 36 Jahren.
Skelett I, Zahn 45:
An weiteren drei Mikroskopbildern des Prämolaren im Vergrö-
ßerungsmaßstab 200x wurden zwischen 21 und 23 Zement-
zuwachslinien gezählt (Taf. 30, 2 a. b). In diesem Fall werden
11,6 Jahre durchschnittliche Zahndurchbruchszeit (Adler
1967306, Mittelwert für Zahn 45, männlich, nach der Weltlite-
ratur) angenommen.
Geht man von der abgeschlossenen Bildung von 21-23 Ze-
mentringen aus, ergibt sich anhand der TCA-Methode ein
Sterbealter von 32,6—34,6 Jahren. Aufgrund der anzunehmen-
den Fehlerspanne von +1-2,5 Jahren liefert die TCA-Methode
eine Altersbestimmung von 30 bis 37 Jahren.
Ergebnis:
Anhand der TCA-Bestimmung kann für Skelett I ein wahr-
scheinliches Sterbealter zwischen 30 und 36 Jahren angenom-
men werden.
Skelett II (Bef. 334)
Skelett II, Zahn 12:
Anhand von drei ausgewählten Mikroskopbildern im Vergrö-
ßerungsmaßstab 200x wurden mindestens 27, in zwei Bildern
30 Linien gezählt (Taf. 30, 3 a. b).
Nimmt man die abgeschlossene Bildung von 30 Zementrin-
gen an, ergibt sich durch die Addition von 8,6 Jahren mitt-
lerer Durchbruchszeit (s. o.) anhand der TCA-Methode ein
Sterbealter von 38,6 Jahren. Aufgrund der anzunehmenden
Fehlerspanne von +1-2,5 Jahren liefert die TCA-Methode eine
Altersbestimmung von 36 bis 41 Jahren.
Skelett II, Zahn 33:
Die drei Mikroskopbilder des Caninus im Vergrößerungsmaß-
stab 200x bestätigen die Ergebnisse. Es wurden zwischen 29
und 30 Zementzuwachslinien gezählt (Taf. 30, 4 a. b). Nach
der Addition von 10,8 Jahren durchschnittlicher Zahndurch-
bruchszeit (Adler 1967307, Mittelwert für Zahn 33, männlich,
nach der Weltliteratur) berechnet sich ein Sterbealter von
39,8—40,8 Jahren. Unter Berücksichtigung einer Fehlerspanne
von +1-2,5 Jahren liefert die TCA-Methode eine Altersbestim-
mung von 37 bis 43 Jahren.
Ergebnis:
Anhand der TCA-Bestimmung kann für Skelett II ein Sterbe-
alter zwischen 37 und 41 Jahren angenommen werden.

306 Nach Schumacher u. a. 1990.
307 Nach Schumacher u. a. 1990.
 
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