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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0081
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Die Baubefunde

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gas findet. Die vorrömischen (146, 258, 324, 348 und 363)315
und die später zu datierenden Mauern (8, 9, 64, 65, 75, 125,
163, 227, 295, 342, 343, 344 und 367) unterscheiden sich
jedoch in der Größe des verwendeten Steinmaterials. Wahrend
man in vorrömischer Zeit möglichst große Blöcke benutzte
(z. B. 67 x 30 x 25 cm), dominiert von der frühen Kaiserzeit
an deutlich kleinteiligeres Material: meist etwa 40 x 20 x 15 cm
oder 20 x 10 x 10 cm; deutlich größer sind nur die Blöcke an
den Mauern in opus africanum: Hier sind die Ständer maximal
120 x 30 cm, die Ausfachungen bis zu 50 x 40 cm groß. Nach
welchen Kriterien man in vorrömischer Zeit das zu verwenden-
de Baumaterial auswählte, lässt sich anhand der bislang freige-
legten Befunde noch nicht hinreichend beantworten. In dem
Kellerraum unter dem Annex der Maison du Trifolium wurden
aber beispielsweise beide Kalksteinvarianten in einem Bauzu-
sammenhang verwendet, und in einigen Mauern, wie z. B. in
146 und 370, wurden beide Sorten gemeinsam benutzt, wes-
halb man bei der Wahl des Steinmaterials wohl in erster Linie
pragmatisch vorging und sich dessen bediente, was in der jewei-
ligen Situation am leichtesten zugänglich war.
Wie oben schon erwähnt, könnte der Verzicht auf den porösen
Kalkstein als Baumaterial seit der frühen Kaiserzeit in der Er-
schöpfung seiner Brüche liegen316, wofür der Umstand spricht,
dass man ob der Fülle des vorhandenen Gesteins das Bauma-
terial aus nächster Nähe beschaffte. Das Ende der Nutzbarkeit
dieser Brüche wäre dann zufällig in die Zeit vor der römischen
Machtübernahme in Thugga gefallen. Da der Verzicht auf das
althergebrachte Baumaterial wohl kaum mit den veränderten
Machtverhältnissen zu verbinden ist noch allein mit einer Än-
derung der Bautechnik (s. u.) begründet werden kann, bieten
Veränderungen im Materialvorkommen die wahrscheinlichste
Erklärung.
Neben den beiden genannten Kalksteinarten kamen nur sel-
ten andere Steinmaterialien zum Einsatz, die auch lediglich
vereinzelt in die Mauern integriert wurden. In nennenswerter
Anzahl fand sich anderes Material in den Mauern 146 und
214 aus vorrömischer Zeit, in der Bank 269 und der Mau-
er 343 aus flavisch-trajanischer Zeit sowie in den Mauern 64,
65 und 125, die in die mittlere Kaiserzeit datiert werden. Bei
den anderen Baumaterialien handelt es sich unter anderem um
Muschelkalk, Foraminiferenkalk, Quarzsandstein und klein-
teiligen Bruch numidischen Marmors. Diese Materialien stam-
men ebenfalls aus der Region des heutigen Nordtunesien und
sind daher im Fundspektrum nicht ungewöhnlich. Die betref-
fenden Mauern wurden demnach zumindest teilweise aus wie-
derverwendeten oder übrig gebliebenen Materialien errichtet,
eine Vorgehensweise, die man auf Binnenmauern beschränkte,
denn in den Außenmauern fand sich anderes Material nur äu-
ßerst selten. Gelegentlich integrierte man zwar einzelne Steine
315 Auch die Datierung von Bef. 370 in vorrömische Zeit ist naheliegend;
stratigraphisch lässt sich allerdings lediglich seine Errichtung in vorflavischer
Zeit nachweisen.
316 Einen Materialwechsel aus eben diesem Grund konnte man z. B. in
Pompeji nachweisen, wo erst nach der Erschöpfung der Tuffsteinbrüche in No-
cera der Tuff von den Phlegräischen Feldern als Baumaterial Verwendung fand,
s. Coarelli 1990, 53.

in die Mauern 83, 75 und 227, doch sind es so wenige, dass
sie den Eindruck der Homogenität dieser Befunde nicht beein-
trächtigen. Die sorgfältigere Ausführung der Außenmauern ist
wenig überraschend, schließlich kam ihnen eine weitaus höhe-
re Belastung als den Binnenmauern zu.
Neben Steinmaterial fanden auch Lehmziegel Verwendung. In
unserem Grabungsareal wurde lediglich eine Lehmziegelmauer
368 freigelegt (Taf. 12, 2; 13, 4), der eine numidische Zeitstel-
lung zugewiesen werden kann. Sie diente der Zusetzung eines
Durchgangs zwischen dem Hof und einem der im Süden an-
grenzenden Räume und wurde zu diesem Zweck zwischen den
Mauern 83 und 131 errichtet. Die langrechteckigen Ziegel
mit einer Höhe von 10 cm bestehen aus hellgrauem, sandigem
Lehm, der mit sehr vielen Kalkbröckchen durchsetzt ist.
Daneben hatten einige Mauern Aufbauten aus Lehmziegeln,
die sich gewöhnlich nur im Versturz mitteilten. So trug der
schon erwähnte numiderzeitliche Kellerraum einen Lehmauf-
bau (innerhalb seiner Mauern 127, 146 und 148 fanden sich
die mit sehr vielen Bruchstücken von Lehmziegeln und mit
Amphorenfragmenten durchsetzten Verfüllschichten 128 und
140) wie auch einer der südlich an das Hofareal angrenzenden
Räume, der ebenfalls in numidische Zeit datiert wird. Hier lag
der Lehmziegelversturz 369 südlich von Mauer 131 bis direkt
an diese, demnach hatte diese Mauer und damit wohl der ge-
samte Raum einen Aufbau aus Lehmziegeln. Diese hatten eine
Länge von mindestens 16 cm, waren 10 cm hoch, 8 cm tief
und bestanden aus sandigem, jeweils rotem, weißlich-gelbem,
braunem oder grauem Lehm, der mit jeweils andersfarbi-
gen Lehmbröckchen und Kalkbröckchen durchsetzt ist. Alle
Lehmziegelmauern unseres Untersuchungsgebietes werden in
vorrömische Zeit datiert. Dies muss jedoch keine chronologi-
sche Relevanz für die Verwendung von Lehmziegeln bedeuten.
Ob Lehmziegel nicht auch später noch verwendet wurden,
lässt sich indes nicht feststellen, da es in unserem Grabungsge-
biet zwischen numidischer und flavisch-trajanischer Zeit keine
weitreichenderen baulichen Aktivitäten gab31 .
Die Bautechniken
Obschon das Erscheinungsbild Thuggas von Mauern in den
Techniken des opus africanum und opus vittatum geprägt ist318,
fehlen diese in unserem Grabungsareal beinahe vollständig.
Hier dominieren Mauern aus Bruch- und Hausteinmauerwerk
mit Breiten zwischen 50 und 80 cm. Die Außenseiten wurden
als Schalen aus unbearbeiteten oder nur grob behauenen Stei-
nen gesetzt; waren die Fugen dabei zu groß geraten, wurden
in diese häufig kleinere Steine und Keramikscherben gestopft
(Taf. 12, 2). Der Mauerkern wurde mit kleinen Steinen in san-
digem oder lehmigem Mörtel mit geringem Kalkanteil verfüllt.
317 Die Errichtung der Maison du Trifolium und deren südlichen Annex-
baues kann hier nicht berücksichtigt werden, da diese durch R. Stutz bearbeitet
werden; die betreffende Publikation befindet sich in Vorbereitung.
318 Zu dieser Thematik vgl. Stutz 2002, 118-127. Die von R. Stutz aufge-
stellte These einer Aufgabe der opus african.um-Tecb.xuk im 3. Jh. n. Chr., die
dann erst wieder in byzantinischer Zeit aufgegriffen worden sei, kann an dieser
Stelle nicht ausführlich diskutiert werden, sie bedarf jedoch einer sorgfältigen
Überprüfung.
 
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