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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0309
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274

Die Funde

unter das Rippenschalenfragment M 1) sowie ein Griff und
45 Wandscherben von Gefäßglas, außerdem ein Spielstein (M
116). Bef. 67 enthielt zwei Rand-, acht Boden- und 43 Wand-
fragmente, die alle zu Gefäßen gehören.
Kommentierter Katalog
1. Rippenschalen der Form Isings 3 (M 1-3)
Von der im Osten wie im Westen des Römischen Reiches glei-
chermaßen beliebten Gefäßform Isings 3808 wurden im Gra-
bungsareal zwei Wandfragmente und ein Bodenansatz gefunden.
Hergestellt wurden die Rippenschalen unter der Verwen-
dung von Töpferscheiben809. Ein vorgefertigter heißer Glasfla-
den wurde über einer umgekehrt auf einer langsam drehenden
Scheibe befestigten Form abgesenkt. Bei der ersten Scheiben-
drehung wurde der Rand angepresst810, bei einer weiteren
Drehung wurden die Rippenzwischenräume eingedrückt.
Teilweise musste der Rand nachgeschliffen werden. Nachdem
die Form wohl im frühen 1. Jh. v. Chr. im syro-palästinischen
Raum aufkam, findet sie sich schon kurze Zeit später an Fund-
orten im gesamten Römischen Reich. Während Rippenschalen
im Osten bis in das späte 1. Jh. n. Chr. Vorkommen, halten sie
sich im Westen bis zum Beginn des 2. Jhs. und sind vereinzelt
noch im 3. Jh. n. Chr. nachgewiesen811.
Die Funktion war größenabhängig: So dienten kleine Gefä-
ße z. B. als Saucenschälchen, für große Schalen bzw. Schüsseln
war auch eine Verwendung als Obstschalen möglich812.
Beispiele für Rippenschalen in Nordafrika stammen unter
anderem aus Karthago813 und Quseir al-Qadim814. Ein größe-
rer Glaskomplex wurde in Sidi Krebish gefunden815.
M 1
BF mit gleichmäßigen, dichten, auf Boden auslaufenden Rip-
pen, z. T. abgebrochen. Olivgrün, durchscheinend, wenige
kleine Bläschen; Iris. Dm nicht bestimmbar. — Bef. 60.
M 2
WF mit einer groben, gut profilierten Rippe, innen zwei Schliff-
rillen in Bodennähe. Blaugrün-naturfarben, durchscheinend;
Iris. F 3,2 cm, B 2,0 cm. - Bef. 281. - Abb. 63.

808 Isings 1957, 17-21 (niedrige Schale: 18 £; tiefe Schale: 19 £).
809 Lierke 1999, 51-55.
810 Etwa ab der Mitte des 1. Jhs. n. Chr. konnte der Rand auch nach den
Rippen gepresst werden.
811 Stern — Schlick-Nolte 1994, 72—79. — In Augst höchster Prozentanteil
zwischen 50 und 70 n. Chr., s. Rütti 1991, 28. - Fünfschilling 1999, 444 zur
Ausbreitung der Rippenschalen im Römischen Reich.
812 Eine große Glasschale mit Fuß und zwei Griffen, in der sich Granatäpfel
befinden, ist auf einer Wandmalerei in der Villa von Oplontis aus dem 1. Jh.
v. Chr. abgebildet: Lierke 1999, 49 Abb. 109.
813 Hayes 1978b, 187 Nr. 4 a. b, ohne Abb.; Tatton-Brown 1994, 283
Nr. 11 Abb. 15.1; 284 Nr. 11; 286 f. Nr. 52 Abb. 15.3; Fünfschilling 1999,
442—446 mit weiteren Fundorten in Tunesien.
814 Meyer 1993, 280 Abb. 1.
815 Price 1985, 291 Abb. 24.2.

M 3
WF mit einer groben, gut profilierten Rippe. Blaugrün, durch-
scheinend, Bläschen; dicke Iris. F 2,2 cm, B 1,9 cm. - Bef. 132.

2. Halbkugelig geformte/abgesenkte Schale
(Schliffrillenschale) (M 4)
Die mit den Rippenschalen verwandten Gefäße wurden eben-
falls durch Absenken hergestellt, Vorläufer ohne Standfläche
können schon ab der Mitte des 2. Jhs. v. Chr. im Nahen Osten
nachgewiesen werden816. Schliffrillenschalen datieren bis in die
erste Hälfte des 1. Jhs. n. Chr. und kommen vor allem im Os-
ten des Römischen Reiches vor. In den nördlichen Provinzen
sind sie dagegen selten. Ein mit M 4 vergleichbares Exemplar
mit leicht nach außen gebogenem Rand stammt aus Samothra-
ke817, aus Karthago hegen weitere Beispiele vor818.
M 4
RF einer halbkugeligen Schale, Rand leicht nach außen bie-
gend und verdickt vom Absenken, Schliffrille unterhalb des
Randes, innen überschliffen. Bräunlich-purpur, durchschei-
nend bis opak; dicke Iris. Dm 14,4 cm. - Bef. 313. - Abb. 63.
3. Formgeschmolzene Schale (Isings 5?) (M 5)
Ein unstratifiziertes Randfragment lässt sich möglicherweise
einer Schale vom Typ Isings 5819 zuordnen. Mit einem Durch-
messer von 18,8 cm stammt es von einem kleineren Exemplar
der zum Speiseservice gehörenden Schalen und Platten.
Die in eine Form geschmolzenen Gefäße sind ab dem 1. Jh.
n. Chr. im gesamten Römischen Reich nachweisbar. Vergleichs-
beispiele gibt es unter anderem aus Kertsch820 und Karanis821.
M 5
RF einer Schale mit überschliffenem Rand. Farblos, durch-
scheinend; dicke Iris. Dm 18,8 cm. - Bef. 16. - Abb. 63.

4. Konischer Teller oder Schale mit feuerverrundetem Rand
(Isings 49?) (M 6)
Das einzige polychrome Glasfragment gehört zu einem frei ge-
blasenen Teller oder einer Schale mit feuerverrundetem Rand
und konischer Wandform. Möglicherweise handelt es sich um
einen Teller der Form Isings 4 9822. Das ultramarinblaue Gefäß
mit dünner weißer Fadenauflage am Rand und weißen, in die
816 Stern - Schlick-Nolte 1994, 68; hellenistisches Beispiel 284 f. Nr. 79,
römisches 324 f. Nr. 97. Ältere Exemplare sind meist dickwandiger als die spä-
teren Gefäße. Zur Entwicklung s. Fünfschilling 1999, 448.
817 Dusenberry 1967, 39 Nr. 11 Abb. 12, augusteisch.
818 Hayes 1978b, 187 Nr. 1-3 Abb. 1,1-3; Tatton-Brown 1994, 283 f.
Nr. 9a und b Abb. 15.1, dort als mit abgesprengtem Rand beschrieben; Fünf-
schilling 1999, 446—450, 504—506.
819 Isings 1957, 21 f.
820 Garschin-von Engelhardt 1926, 245 Abb. 6 (1. Jh. n. Chr.).
821 Harden 1936, 49 £ (v. a. 273. Jh. n. Chr.).
822 Isings 1957, 63 mit dem Hinweis auf farbige Beispiele aus Pompeji.
 
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