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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0321
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286

Die Funde

diese These widerlegt ist88 . In unserem Kontext ist nicht zu
entscheiden, ob die Fibeln von Männern oder Frauen getragen
wurden, was aber auch andernorts nicht oder nur selten zu er-
kennen ist888.
Die Fibel N 3 stammt aus dem frühkaiserzeitlichen Bef. 113,
N 2 aus dem flavisch-trajanischen Bef. 281 und N 1 aus einer
nicht datierbaren rezenten Humusschicht. Es erscheint m. E.
wenig wahrscheinlich, dass diese Fibeln noch nach dem 2. Jh.
n. Chr. getragen wurden, doch ist eine zeitliche Einordnung
von NI aufgrund ihrer Fundumstände nicht möglich. Es dürf-
te sich hierbei ebenfalls um ein Objekt des 1. Jhs. n. Chr. han-
deln, welches bei Bauarbeiten umgelagert wurde, wie auch die
Keramikfunde vermuten lassen.
Innerhalb des Fundmaterials sind fünf Haarnadeln aus
Bronze vertreten. Bei vier Stücken (N 9-12) handelt es sich
um einfache Nadeln, die nicht näher bestimmbar sind, da
sie extrem stark korrodiert geborgen wurden und ihre Köpfe
nicht erhalten sind. N 8 ist eine Haarnadel mit Würfelkopf des
Typs Riha 12.22889, der ins 2. bis 4. Jh. n. Chr. zu datieren ist.
Das übrige Fundmaterial in diesem Befund stammt aus dem
475. Jh. n. Chr., wodurch auch die Nadel in diesem Zeitraum
anzusiedeln sein dürfte. Der Typus an sich ist chronologisch
nicht weiter zu differenzieren. Die Nadel ist zudem mit 89 mm
die längste der Bronzenadeln innerhalb des vorliegenden Fun-
dematerials. N 12 folgt mit 36 mm, wohingegen die anderen
drei Stücke gebrochen oder fragmentiert sind. Insgesamt sind
die Nadeln länger als die unten aufgeführten Beinnadeln und
scheinen daher eher als Schmuckstücke im Haar und nicht
als bloße Zweckgegenstände zum Hochstecken der Frisuren
verwendet worden zu sein. Die Bronzenadel N 10 wurde in
Bef. 81 geborgen, der in die Zeit von der zweiten Hälfte des
2. Jhs. bis um die Mitte des 4. Jhs. n. Chr. datiert, und ist da-
mit die älteste Bronzenadel. Nil stammt aus einem Befund
des 273. Jhs. n. Chr., N 12 aus dem 3. Jh. n. Chr., N 8 aus
dem 475. Jh. n. Chr. und N 9 aus einem nicht datierbaren
Befund, sodass hier Bronzenadeln insgesamt nicht vor der
Mitte des 2. Jhs. n. Chr. auftauchen. Aufgrund der geringen
Anzahl sind aber keine generellen Schlüsse auf eine zeitlich un-
terschiedliche Verwendung von Bronzenadeln im Gegensatz zu
Beinnadeln zu ziehen.
Einige weitere Funde aus Bronze können keiner exakten
Funktion zugewiesen werden. Im vorliegenden Material fin-
den sich neben etlichen unbestimmbaren, extrem kleinteiligen
Objekten eine bronzene Pinzette (N 5) zur Körperpflege sowie
Knöpfe (N 13—16) und Ringe (N 6—7). Bei N 6 scheint es
sich um einen Fingerring zu handeln, wohingegen N 7 kei-
ne genaue Funktion zugeordnet werden kann. Objekte in
Knopfform können sowohl an unterschiedlichsten Möbeln890
angebracht gewesen sein als auch als Nietknöpfe Verwendung
gefunden haben. Ein Bronzeplättchen (N 19) mit Zähnen auf
887 Zweifel an der Verbreitung durch Soldaten äußerte bereits Marovic
1961, 108. - Riha 1979, 114 geht von einer primär militärischen, ab auguste-
ischer Zeit aber auch zivilen Verwendung aus. Zur Verteilung an zivilen Fund-
orten: Ettlinger 1973, 159; Völling 1996, 446 Anm. 84; Steidl 2002, 50 mit
Anm. 20.
888 Bechert 1973, 24.
889 Riha 1990, 109 f. Die Nadel aus Thugga entspricht Riha 1990,
Kat. 2483, welche allerdings mit 7,3 cm L etwas kleiner ist.
890 Eine gute Zusammenstellung und ältere Lit. findet sich bei Riha 2001.

einer der Schmalseiten, eine Art Schaber, ist erwähnenswert,
doch ist seine Funktion nicht näher zu bestimmen.
Bei den Eisenobjekten gibt es zahlreiche extrem korrodierte
Stücke, die aufgrund ihres Erhaltungszustandes keine nähere
Bestimmung erfahren haben. Nennenswert sind vor allem drei
Stili N 27 (zweite Hälfte 2. Jh. - Mitte 4. Jh. n. Chr.), N 26
(3. Jh. n. Chr.) und N 25 (475. Jh. n. Chr.) zum Beschreiben
von Wachstafeln. Hinzu kommen ein Schlüssel (N 28) und
ein einzelner Schuhnagel (N 29). Letzter fällt besonders auf,
da vor allem auf Straßen in der Regel häufig Schuhnägel zu
finden sind. Dass wir nur ein einziges Stück im Fundmaterial
vertreten haben, noch dazu keines von der Oberfläche der Stra-
ße Bef. 7, könnte damit Zusammenhängen, dass in römischer
Zeit in Thugga keine oder kaum Schuhe mit genagelten Sohlen
getragen wurden. Da die meisten erhaltenen Lederschuhe aus
den Nordwestprovinzen stammen und aus Ägypten zumeist
Pantoffeln bekannt sind, stellt sich die Frage, welche Art von
Schuhen in der Africa proconsularis von der Zivilbevölkerung
getragen wurdeS91. Möglicherweise wurden aufgrund der kli-
matischen Verhältnisse soleae, die in der Regel keine genagelten
Sohlen hatten, bevorzugt. Erwähnenswert ist zudem das Ei-
senobjekt N 30, bei dem es sich um einen Hammer handeln
könnte. Leider ist eine nähere Bestimmung wie auch beim
Schlüssel N 28 aufgrund der extrem starken Korrosion nicht
mehr möglich.
Im römischen Alltag wurde Blei für unterschiedlichste Objekte
verwendet wie zum Beispiel als Warenetiketten, als Fluchta-
feln, als Gewichte, als Deckel auf Vorratsgefäßen oder Urnen,
für Wasserleitungen oder als Urnen und Sarkophage892. Blei-
funde sind zwar aufgrund geringer Korrosion oft besser erhal-
ten als Eisen, aber wegen der Weichheit des Materials oft sehr
stark verformt. Dies trifft auch auf die wenigen Bleiobjekte in-
nerhalb des vorliegenden Materials zu. Insgesamt konnten acht
Stücke aufgenommen werden. Zwei kleinere Plättchen mit
Loch (N 42-43) könnten als Warenetiketten gedient haben,
doch ist auf keinem der beiden auch nur ein geringer Rest einer
Inschrift erkennbar. Die übrigen Funde aus Blei können keiner
bestimmten Funktion zugeordnet werden, da allesamt stark
fragmentiert sind und die ursprüngliche Form nicht mehr zu
erkennen ist893.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Kleinfun-
de aus Metall innerhalb des Fundmaterials eine relativ kleine
Gruppe ausmachen. Zudem wurden in Nordafrika bisher nur
aus wenigen Grabungskomplexen nichtkeramische Kleinfun-
de publiziert894. Es wurden insgesamt 24 Objekte aus Bronze,
14 aus Eisen — abgesehen von einer unbestimmten Anzahl an
Nägeln - und acht aus Blei aufgenommen, von denen ledig-
lich rund 20 bestimmt werden konnten. Zur Datierung der
891 Überblick mit älterer Lit.: Knötzele 2007.
892 Cochet 2000.
893 Cochet 2000, 116 Abb. 131: Fragment aus der Wand eines Sarkophags.
Ohne Kontext wäre eine Interpretation unmöglich.
894 Einzelfundvorlagen s. Marec 1958, 195; Callu u. a. 1965; Rebuffat
1977; Henig 1984; Henig 1994; Gerharz 1987; Mackensen 1999b; Niemeyer
u. a. 2007, 758-821; Mackensen 2008, 339-356.
 
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