Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0325
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
290

Die Funde

N 43
Fragment mit ausgefransten Rändern, Etikett (?), keine In-
schrift erkennbar. — Inv. 2168 (= Sonderfund-Nr. 31). Bef. 19.
N 44
Leicht gebogener Stab, Funktion unbekannt. L 70 mm, Dm
7 mm, Gewicht 38 g. — Inv. 927. Bef. 193.
N 45
Fragment. L 27 mm, B 23 mm, Gewicht 20 g. — Inv. 947.
Bef. 81.
N 46
Runde Bleimarke, in der Mitte der Vorderseite befindet sich
ein Kreis darin ein I, die Rückseite ist glatt. — Inv. 2173 (-
Sonderfund-Nr. 87). Bef. 16.
N 47
Bleiblech, stark fragmentiert. - Inv. 2180. Bef. 302.
Funde aus Bein (Kat. O)
Unter den Beinfunden895 sind im vorliegenden Material Na-
deln mit 54 aufgenommenen Objekten896 die größte Gruppe.
Dies entspricht dem üblichen Bild an römischen Fundplätzen
im gesamten Imperium897. Beinnadeln fanden in der Regel als
Flaarnadeln Verwendung und waren bei römischen Frauenfri-
suren meist unabdingbar898. Sie dienten zum Befestigen von
Hochsteckfrisuren bzw. auch zum Anstecken von Haarteilen,
Perücken und textilem Kopfschmuck899. Die Verwendung als
Gewandschließe wird häufig angesprochen, doch ist dies m. E.
nicht zutreffend, da ein feiner Stoff dadurch beschädigt wür-
de und aus einem groben die Nadel herausrutschen könnte900.
Bezüglich der Frage nach der Verwendung als rein funktionale
Nadeln oder als Schmuckobjekte gibt häufig die Gestaltung des
Kopfes Aufschluss, wobei die Länge des Schaftes hierbei eben-
falls eine Rolle spielen dürfte. Da kurze Nadeln nicht durch
die komplette Zopffrisur gesteckt werden können, scheiden sie
als Schmuck aus. Darstellungen von Haarnadeln unterschiedli-
cher Form sind gelegentlich bei Statuen, Büsten oder Mumien-
porträts zu finden901. Bei letzteren treten als Schmucknadel vor

895 Allgemein zu Knochen, Horn und Geweih als Werkstoff: s. Kokabi u. a.
1997,19-38.
896 Es handelt sich dabei um 52 Haarnadeln, einen sog. Haarpfeil und eine
Nähnadel, s. Kat. O 1-54.
897 Für Nordafrika sei hier beispielhaft Karthago genannt. Henig 1984, 188
Nr. 27-62; Henig 1994, 270-272; Mackensen 1999b, 538-540 Kat. 23-26;
Nukoop - van Wijngaarden-Bakker 2007, 789. Aber auch andernorts sind
Beinnadeln zu finden, s. etwa Pucci 1974, 104 Taf. XXI 7-12: Berthier 2000,
376 f.
898 s. Stutzinger 1995, mit Forschungsgeschichte (135-137 Anm. 1) sowie
literarischen und bildlichen Überlieferungen.
899 So auch Hagen 1937, 97; Obmann 1997, 64.
900 So auch Milder 1997, 50. Obmann 1997, 64 ist der Meinung: „In wie
weit Nadeln als Fibelersatz auch an der Kleidung verwendet wurden, lässt sich
nicht bestimmen.“
901 Stutzinger 1995, 142-153 mit zahlreichen Beispielen.; ebd. 206 f. Liste
der Mumienporträts mit Haarnadeln; Obmann 1997, 64 Anm. 113; 157 f.
Liste 51.

allem solche mit einfachem Kugelkopf auf902. Doch es fehlen
hier Nachweise von kurzen bzw. rein funktional verwendeten
Nadeln, wenn man von den eher groben, meist quer durchs
Haar gesteckten Haarpfeilen903 absieht. Die ersten bildlichen
Darstellungen finden sich sehr spärlich in flavischer Zeit. Erst
ab der Mitte des 3. Jhs. n. Chr. und in der Spätantike sind die-
se häufiger und bei verschiedenen Gattungen der bildenden
Kunst zu finden904. Auch wenn häufig Details nur schwer zu
erkennen sind, geben die bekannten Darstellungen mehr Aus-
kunft über die Tragweise von Haarnadeln als archäologische
Befunde in Gräbern905.
Am häufigsten kommen im vorliegenden Material einfa-
che Beinnadeln mit rundem oder ovalem Kopf und glattem
Schaft vor, die rein zweckmäßig und nicht als Schmuckobjek-
te verwendet wurden906. Bei den meisten handelt es sich um
einfache Haarnadeln mit Kugelkopf, dessen Größe bei den
35 mit Kopf erhaltenen Stücken im Durchmesser von 3,5 bis
7,5 mm und in der Länge von 4 bis 12 mm variiert. 20 Nadeln
besitzen einen kleinen Kugelkopf bis maximal 6 mm Durch-
messer, 11 einen großen Kugelkopf und drei einen länglich
flachen Kopf (O 3; 29; 38). Eine Ausnahme bildet das Stück
O 37, das einen Kopfdurchmesser von 11 mm aufweist. Der
Kopfform liegt kein Standardmaß zugrunde und die Varianzen
sind dem Herstellungsprozess geschuldet. Daher ist die Un-
terscheidung aufgrund verschieden ausgeprägter mehr oder
weniger kugeliger Köpfe weder als Datierungskriterium noch
als Werkstattmerkmal relevant und lediglich für die antike Trä-
gerin möglichweise eine Frage der Optik. Die Gesamtlänge der
elf komplett erhaltenen Nadeln (O 5, 8, 22, 34-MO, 48) liegt
zwischen 68 und 103 mm. Der Schaft besitzt einen Durch-
messer von 1,5-5 mm und ist in der Regel etwa in der Mitte
oder im oberen Drittel um 0,5-2 mm verdickt. Insgesamt ist
festzustellen, dass die Haarnadeln zwar alle innerhalb einer ge-
ringen Größenspanne liegen, aber nicht genormt sind, was bei
handwerklich hergestellten Produkten ohnehin anzunehmen
ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass kürzere Nadeln
ursprünglich länger waren und nach einer Beschädigung zu
einem späteren Verwendungszeitpunkt nochmals angespitzt
wurden907, doch ist dies schwer nachweisbar. Auffallend ist bei
den Stücken mit kleinerem Kopf, dass dieser in der Regel stär-
ker vom Schaft abgesetzt wurde, was wohl auf eine rasche und
mitunter auch nachlässige Herstellung zurückzuführen ist908.
Ein Einzelstück ist O 23, da es sich um eine Beinnadel mit
tordiertem Schaft mit 6 mm Durchmesser handelt. Da sowohl
Kopf als auch Spitze abgebrochen sind, ist eine vollständige
Rekonstruktion nicht mehr möglich. Es ist aber zu erkennen,
dass zum Ende hin die Rillen nicht durchlaufen, sondern einen
waagerechten Abschluss besitzen. Einen ebenfalls - zumindest
902 Parlasca - Seemann 1999, 218 Nr. 126 (Nadel mit großem Kugelkopf),
229 Nr. 138 (tropfenförmiger Kopf).
903 Stutzinger 1995, 144—146 bezeichnet die „robusteren, weniger zierlich
gearbeiteten Nadeln“ als Haarpfeil.
904 Stutzinger 1995, 143-153 mit Bsp.
905 Stutzinger 1995, 143 Anm. 47.
906 Riha 1990, 104-106; Deschler-Erb 1998, 164. - Eine Zusammenstel-
lung von Fundkomplexen mit Nadeln mit kugeligem, spitzkugeligem und ova-
lem Kopf des 1. bis 4. Jhs. n. Chr. findet sich bei Milder 1997, 37-39.
907 Obmann 1997, 63.
908 So auch Riha 1990, 104.
 
Annotationen