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Ruskin, John
Ausgewählte Werke in vollständiger Übersetzung (Band 11/12): Moderne Maler (Band 1-2) — Leipzig, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.3877#0059

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Definition. Ob sie richtig ist, wird sich aus ihrer An-
wendung auf die verschiedenen Zweige der Kunst
ergeben.

II

VORSTELLUNGEN DER NACHAHMUNG

Wenn ein Ding anders erscheint als es ist und eine so
große Ähnlichkeit mit etwas anderem erweckt, dass es
uns fast täuschen kann, empfinden wir ein genießendes
Erstaunen, eine angenehme geistige Erregung, der
ähnlich, in die uns ein Taschenspieler versetzt.
Empfinden wir das einem Kunstwerk gegenüber, so
beruht es auf seiner Kunst der Nachahmung. Warum
dergleichen erfreut, soll hier nicht untersucht werden.
Wir wissen nur, dass kein Mensch seiner animalischen
Natur nach nicht Freude empfände, wenn er sich
angenehm verwundert, und dass dies Gefühl durch
nichts entschiedener hervorgerufen wird, als den
Erweis, dass ein Ding etwas anderes ist als es
scheint. Die Ähnlichkeit muss aber groß genug sein,
um zu täuschen und sich dennoch zugleich als
Täuschung erweisen.

Die vollkommenste Freude an der Imitation liegt
darin, dass ein Sinn dem andern widerspricht; dass
das Auge ein Ding für rund und der Finger es für
flach erklärt. Am höchsten wird sie in der Malerei
genossen, die den Schein erweckt, ein Gegenstand
trete heraus, die Haare seien rauh, der Sammet sei
 
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