so gering wir es auch oft anschlagen — Ursache zum
Dank erblicken, Grund zur Hoffnung, Anker des Glau-
bens, mehr als in all den andern mannigfaltigen Früch-
ten und Führungen, mit denen Gott die Jahre krönt
und die Pfade der Menschen schmückend umhegt?
VON DER SCHÖNHEIT DES LEBENS
1. IHRE RELATIVITÄT
[In diesem Kapitel kommt das ganz moderne Em-
pfinden zum Ausdruck, dass jedes Ding erst durch
Spezialisieren und Individualisieren zu seiner höchsten
Entfaltung komme, in der es seine besondere Auf-
gabe erfüllen könne.]
Ich untersuche zunächst jene Art Schönheit, die an
lebenden Dingen in der Erfüllung ihrer Obliegenheiten
in die Erscheinung tritt. Ich habe schon das Bei-
spiel einer sehr reinen und hohen symbolischen Schön-
heit angeführt, die man in den Linien und Abstufungen
fleckenloser Schneemassen findet. Wenn wir Anfang
Mai in den niederen Alpen an die Ecke eines Schnee-
feldes gelangen, werden wir darin ziemlich sicher
zwei oder drei runde kleine Öffnungen bemerken,
und daraus unerwartet eine zarte, schlanke, schwer-
mütige Blume auftauchen sehen, die Soldanella alpina,
deren kleine dunkelpurpur umsäumte Glocke sich
nieder senkt und schaudert über die Eisspalte, durch
die sie emporgeklommen ist, wie verwundert über
Dank erblicken, Grund zur Hoffnung, Anker des Glau-
bens, mehr als in all den andern mannigfaltigen Früch-
ten und Führungen, mit denen Gott die Jahre krönt
und die Pfade der Menschen schmückend umhegt?
VON DER SCHÖNHEIT DES LEBENS
1. IHRE RELATIVITÄT
[In diesem Kapitel kommt das ganz moderne Em-
pfinden zum Ausdruck, dass jedes Ding erst durch
Spezialisieren und Individualisieren zu seiner höchsten
Entfaltung komme, in der es seine besondere Auf-
gabe erfüllen könne.]
Ich untersuche zunächst jene Art Schönheit, die an
lebenden Dingen in der Erfüllung ihrer Obliegenheiten
in die Erscheinung tritt. Ich habe schon das Bei-
spiel einer sehr reinen und hohen symbolischen Schön-
heit angeführt, die man in den Linien und Abstufungen
fleckenloser Schneemassen findet. Wenn wir Anfang
Mai in den niederen Alpen an die Ecke eines Schnee-
feldes gelangen, werden wir darin ziemlich sicher
zwei oder drei runde kleine Öffnungen bemerken,
und daraus unerwartet eine zarte, schlanke, schwer-
mütige Blume auftauchen sehen, die Soldanella alpina,
deren kleine dunkelpurpur umsäumte Glocke sich
nieder senkt und schaudert über die Eisspalte, durch
die sie emporgeklommen ist, wie verwundert über