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auf drei- bis vierundzwanzig Seelen, darunter fünfzehn
oder sechzehn grauhaarige Frauen. Nachdem ihr
ungelehrter Prediger, eine einsame, etwas verküm-
merte Figur in einfachem, schwarzem Rock, sie mit
mißtöniger Stimme durch die schleppenden Gebets-
formeln geleitet hatte, wie sie wohl die einzig mög-
liche Ausdrucksform sind für Menschen, deren gegen-
wärtiges Leben inhaltslos ist, und deren Zunkunft auf
Erden keinen Wechsel bringen kann, entwickelte er
den größten Eifer in einem tröstlichen Diskurs über
die Boshaftigkeit der ganzen Welt, insbesondere der
Ebene von Piemont und der Stadt darin, sowie über
die ganz besondere Gunst bei Gott, deren sich die
neunzehn bis vierundzwanzig auserwählten Glieder
seiner Gemeinde in den Straßen von Adama und
Zeboim zu erfreuen hätten.

Persönlich weder wesentlich gehoben, noch wesent-
lich beunruhigt durch diese Lehre, ging ich in die
verurteilte Stadt zurück und hinauf in die Gemälde-
sammlung, wo Paul Veroneses: „Königin von Saba,
die dem Salomo Geschenke bringt" im hellsten Nach-
mittagslicht erglänzte. Die Fenster standen offen,
und mit der warmen Luft drangen die anschwellenden
und wieder verklingenden Töne der Militärmusik von
dem Schloßhof in den Palast empor. Mir kamen sie
frömmer vor in ihrer festen Schulung und künstleri-
schen Vollendung und in dem Reiz ihrer Melodie,
als alle evangelikalen Hymnen, die ich je gehört
hatte. Und wie die herrlichen Farben und Töne

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