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der Farbe in der Malerei empfänglich gemacht, die
bisher keinen Reiz für mich gehabt hatte.
„17. August. Dieser Besuch im Louvre hat in mir
eine Veränderung bewirkt, eine starke Veränderung,
und ich weiß noch nicht, wie weit das gehen wird,
besonders was Tizian, Giovanni Bellini und Perugino
angeht und die Möglichkeit, um ihretwegen alles an-
dere aufzugeben, oder vielmehr die Unmöglichkeit,
außer ihnen irgend etwas anzusehen."
§ 45. Die folgende Aufzeichnung rein technischer Art
möge hier ausnahmsweise einen Platz finden, nur um
zu zeigen, wie weit ich damals gekommen war. Die
Leser von Praeterita sollen nicht wieder durch Ähn-
liches belästigt werden.

„1252 („Die Grablegung") ist der schönste Tizian in
der Galerie — leuchtend in der Farbe, einfach, mit
breitem Pinsel gemalt und großartig. Es steht im
Gegensatz zu 1251 („Die Geißelung"), in der die
Schatten braun sind statt grau, die Konturen in star-
ken braunen Linien, die Gewandung mit gebrochenem
Faltenwurf, sehr runde und lebhafte Lichter, hervor-
gehoben durch tiefe Schatten; die Fleischtöne, die
hellsten Lichter und die Draperien gedämpft.
Bei 1252 verhält sich alles umgekehrt. Selbst der
blasseste Fleischton hat etwas Dunkles und Feier-
liches dicht neben der gold-weißen Gewandung. Die
Hauptmassen breit und flach, die Konturen keusch
und streng. Das Bild kann als ein Beispiel der
höchsten Würde im Ausdruck gelten, die durch
 
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