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Sauer, Bruno
Der Torso von Belvedere — Gießen, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.13446#0085
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- 69 -

V.

Ehe wir es unternehmen, die lange Reihe der Polyphemdar-
stellungen um ein Werk zu vermehren, dessen Bedeutung man bisher
in ganz anderem Kreise suchte, wird es zur Rechtfertigung dieses
Wagnisses und zur Vorbereitung des Lesers von Nutzen sein, noch
einmal zu fragen, welches die festen, also von jeder neu heranzu-
ziehenden antiken Darstellung unerbittlich zu fordernden Züge der
Polyphemgestalt sind, welche anderen Züge nach strengen Gesetzen
sich verändern, welche endlich ihrer geringeren Bedeutung halber
von den Künstlern vernachlässigt werden.

Zu den ersten gehört der Fels als Terrain oder geradezu als
Sitz und die Keule, die zwar den ältesten Darstellungen fehlt, aber
von der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts ab fast nie ver-
gessen wird und selbst in der Spätzeit der Kunst höchstens ihre
Form verändert, indem sie sich dem Krummstab des Hirten oder
dem Knotenstock des Wanderers nähert, wobei eben diese Veränder-
lichkeit sie von der immer streng stylisirten Keule des Herakles unter-
scheidet. Schon weniger konstant, wohl aber festen Regeln unter-
worfen, ist die Typik der Gewandung. In den ältesten Zeiten nackt
dargestellt, gewöhnt sich Polyphem, seit er auf der Bühne erscheint,
an einige Verhüllung, und später hat man gerade durch die Gewan-
 
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