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Sechstes Kapitel

DIE NAPOLEONISCHEN ERINNERUNGEN

Als Schwiegersohn des letzten römisch^deutschen Kaisers findet der
erste, von der Revolution emporgetragene Kaiser^Usurpator einer neuen
Zeit, mit dem auf die uralten Parteikämpfe Italiens zurückweisenden
Namen, seine seltsam schicksalsvolle Stelle in den Erinnerungen des
Kaiserhauses.

Er selbst ist durch den zu seiner Krönung in Mailand am 26. Mai
1805 bestimmten Ornat des Königreiches Italien, seiner kurzlebigen
Schöpfung, vertreten, bestehend aus der Krone, dem einärmeligen
Mantel aus grünem, mit goldenen Kleeblättern gemustertem Sammet,
dem vom Markuslöwen gekrönten Szepter aus vergoldeter Bronze und
dem Stab mit der «Hand der Gerechtigkeit». Der Eindruck von
Theaterflitter ist, wie so häufig im napoleonischen Empire, vorherr^
sehend, namentlich bei der Krone mit ihren Glaspasten. In der kaiser*
liehen Wagenkammer befindet sich auch noch der Krönungswagen aus
Mailand.

Künstlerisch auf weit höherer Stufe stehen die Erinnerungen an
Kaiserin Marie Louise und ihren unseligen Sohn, den Herzog von
Reichstadt (1811-1832).

Namentlich die für den «König von Rom» bestimmte Wiege (Taf. LVI
bis LVII) ist ein mit Recht berühmtes Meisterstück des Empire. Ihr
Entwurf stammt, wie schon aus alter Zeit bekannt ist, von einem der
feinsten und anmutigsten Künstler jener Zeit, Pierre Paul Prudhon
(1758—1823) her, den Napoleon zum Zeichenlehrer seiner Gemahlin
bestimmte und der 1810 auch die Zeichnungen zu dem prachtvollen,
in der Restaurationszeit eingeschmolzenen Geschenk der Stadt Paris
an Marie Louise, einem Ameublement in Bronze und Vermeil, geliefert
hat. Auch die Wiege des 1811 geborenen «Aiglon» gibt sich inschrift*
lieh als Widmung der Stadt Paris zu erkennen; als ausführende Künstler
erscheinen, ebenfalls inschriftlich genannt, der Pariser Bronzegießer

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