Schönhuth, Ottmar Friedrich Heinrich: Chronik des ehemaligen Klosters Reichenau, der ersten Pflanzschule süddeutscher Bildung, Wissenschaft und Kunst: e. Beitrag zur schwäbischen Geschichte aus handschriftlichen Quellen dargestellt (Freiburg i. B.: Waizenegger, 1836)

XXV

war sie zerfallen. Abt Diethelm baute sie wieder in
dem prächtigen Style, wie man sie noch vor wenigen
Jahren sehen konnte, als sie das herrlichste Gebände
der Reichenau war. Jetzt ist sie wieder zerfallen,
aber nicht durch den Zahn der Zeit, sondern durch die
Hand der Menschen, welche das herrliche Gebände,
obne Sinn für alte Denkmale, zusammenrießen, nur
um Steine zu gewinnen.
Wir betrachten setzt die übrigen Orte auf der
Insel Reichenau mit ihren Merkwürdigkeiten.
Niederzell, am westlichen Ufer der Insel, hat
eine liebliche Kirche mit 2 Thürmcben, welche noch
etwas vom byzantinischen Style hat. BischofEgino von
Verona gründete dieselbe, und stiftete eine Probstei mit
6 Chorherren. In der Kirche, nnweit des Altars, ist
Egino begraben; man sieht daselbst noch sein Grabmal,
eine Platte von Messing mit einer Inschrift.
Nur etwa 100 Schritte von Niederzell liegt das
sogenannte Bürglin. Dieses Schlößlein gehörte zum
Kloster, und war ein Erholungsort für die Mönche in
den Herbstferien. Es bat einen bellen geräumigen
Saal, von welchem die Aussicht auf das Höhgau und
Thurgau wunderschön ist.
Oberzell, am östlichen Ufer der Insel, hat eine
Kirche, die wohl das wichtigste Baudenkmal auf der
ganzen Reichenau ist. Ihre Bauart ist rein byzantinisch;
wunderlieblich ist darinnen die sogenannte Crypta oder
unterirdische Kapelle. In dieser Kirche wird das
Hanvt des b. Georg aufbewabrt. Früher hieß die
Kirche Hatto'szell, von Abt Hatto III. so genannt,
der sie im Jahr 888 gründete, und eine Probstei von
6 Chorherren damit verband.
Der äusserste Punkt der Reichenau gegen Osten
bietet noch ein merkwürdiges Denkmal dar', cs sind
die Ruinen der Burg Scbopfeln (Keogula). Don
wem und zu welchen Zeiten diese Burg erbaut worden