ZWEITES IvAPITEL
Herrera nnd seine Zeit
Das Motiv zur Gründung des Escorial hat man
vielfach in einem während der Schlacht bei San
Quentin von Philipp geleisteten Gelübde zu erkennen
gemeint. Da Philipp II. aber niemals selber in San
Ouentin gewesen ist, kann es sich hierbei höchstens um ein zur Gewissens-
beruhigung gegebenes Versprechen handeln: dem heiligen Laurentius, dessen
Kloster sein General heim Sturme zerstören mußte, für den Sieg ein neues, herr-
licheres Kloster zu errichten. Außerdem dürften wohl der Wunsch, dem mächtigsten
Manne der Welt — dessen letztem Willen gemäß — ein würdiges Grabmal zu
errichten und eine auf außerordentlichem Kunstverständnis fußende echt königliche
Baulust die Haupttriebfeder für die Gründung des Escorial gewesen sein. Alle
künstlerischen und finanziellen Kräfte seines Reiches wollte Philipp seinem Werke
dienstbar machen. Um diesen Bau kreisten seine Gedanken selbst in den schwersten
Stunden einer fast vierzigjährigen unglücklichen Regierung. Ein Markstein
steht das vollendete Werk jetzt da, zwischen der aus Italien
eingeführten Cinquecento Dekoration und der auf klassischer
Grundlage bewußt individuell schaffenden Kunst. Damit setzt
das Barock in der spanischen Kunst ein.
Den ersten Entwurf schuf Juan Bautista de Toledo
wahrscheinlich aus Madrid. Er hatte bei den ersten
Künstlern Italiens, einem Perruzzi, Sansovino und
Palladio, studiert und war dann unter Michelangelo beim Bau von St. Peter in
Rom tätig gewesen. Der baulustige Don Pedro de Toledo, Marques de Villa-
franca, 1532—53 Vizekönig von Neapel, ernannte ihn zum obersten Bau-
beamten seines Landes mit dem ehrenden Titel: Hofarchitekt Karls V. und
überhäufte ihn mit Aufträgen. Die Strada de Toledo, viele Brunnen, die
Iglesia de Santiago cle la nacion Espanola in Neapel und vor allem der
vorzügliche Palast in Purgal hatten seinen Namen weit über die Grenzen
Italiens hinausgetragen. Am 15. Juli 1559 rief ihn Philipp II. von Gent aus in
die Heimat zurück. Frau und Tochter ließ er erst, nachdem er sich in seiner
neuen Heimat eingerichtet, nachkommen, heide ertranken bei der Überfahrt, und
Toledo verlor bei diesem Schiffbruch auch seinen ganzen Reichtum. Als Direktor
20. Juan Bautista de Toledos
===== Bauten ==-
19. Motiv zur Gründung
des Escorial und seine Vor-
. geschichte .
Herrera nnd seine Zeit
Das Motiv zur Gründung des Escorial hat man
vielfach in einem während der Schlacht bei San
Quentin von Philipp geleisteten Gelübde zu erkennen
gemeint. Da Philipp II. aber niemals selber in San
Ouentin gewesen ist, kann es sich hierbei höchstens um ein zur Gewissens-
beruhigung gegebenes Versprechen handeln: dem heiligen Laurentius, dessen
Kloster sein General heim Sturme zerstören mußte, für den Sieg ein neues, herr-
licheres Kloster zu errichten. Außerdem dürften wohl der Wunsch, dem mächtigsten
Manne der Welt — dessen letztem Willen gemäß — ein würdiges Grabmal zu
errichten und eine auf außerordentlichem Kunstverständnis fußende echt königliche
Baulust die Haupttriebfeder für die Gründung des Escorial gewesen sein. Alle
künstlerischen und finanziellen Kräfte seines Reiches wollte Philipp seinem Werke
dienstbar machen. Um diesen Bau kreisten seine Gedanken selbst in den schwersten
Stunden einer fast vierzigjährigen unglücklichen Regierung. Ein Markstein
steht das vollendete Werk jetzt da, zwischen der aus Italien
eingeführten Cinquecento Dekoration und der auf klassischer
Grundlage bewußt individuell schaffenden Kunst. Damit setzt
das Barock in der spanischen Kunst ein.
Den ersten Entwurf schuf Juan Bautista de Toledo
wahrscheinlich aus Madrid. Er hatte bei den ersten
Künstlern Italiens, einem Perruzzi, Sansovino und
Palladio, studiert und war dann unter Michelangelo beim Bau von St. Peter in
Rom tätig gewesen. Der baulustige Don Pedro de Toledo, Marques de Villa-
franca, 1532—53 Vizekönig von Neapel, ernannte ihn zum obersten Bau-
beamten seines Landes mit dem ehrenden Titel: Hofarchitekt Karls V. und
überhäufte ihn mit Aufträgen. Die Strada de Toledo, viele Brunnen, die
Iglesia de Santiago cle la nacion Espanola in Neapel und vor allem der
vorzügliche Palast in Purgal hatten seinen Namen weit über die Grenzen
Italiens hinausgetragen. Am 15. Juli 1559 rief ihn Philipp II. von Gent aus in
die Heimat zurück. Frau und Tochter ließ er erst, nachdem er sich in seiner
neuen Heimat eingerichtet, nachkommen, heide ertranken bei der Überfahrt, und
Toledo verlor bei diesem Schiffbruch auch seinen ganzen Reichtum. Als Direktor
20. Juan Bautista de Toledos
===== Bauten ==-
19. Motiv zur Gründung
des Escorial und seine Vor-
. geschichte .