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SIEBENTES KAPITEL

Die Oviedenser Schule und der vitruvia-
nische Rückschlag im Churriguerismus

f ü Der Verkauf aller Staatsämter bis hinauf zu den

119. Die biirgerliche Baukunst Stellen der Vizekönige in den Kolonien an die

i_J aristokratischen, von Steuern befreiten Hidalgos, die

sich dafür durch Erpressungen schadlos hielten, hatte dazu geführt, daß in ganz
Spanien, vor allem Madrid und im Süden, sich das Geldzumeist in der Hand weniger
im größten Luxus lebender Adliger und der Kirche ansammelte, während der
Bürgerstand immer mehr verarmte. In den großen Städten entstanden zwar
Paläste für den Adel, aber der König als absoluter Herr gestattete selbst diesem
nicht, seinem Reichtum entsprechende Paläste sich zu erbauen, durch die die
könighchen Schlösser etwa hätten in den Schatten gestellt werden können. So
mußten z. B. der Palast der Herzöge von Liche und das G o b i e r n o in
Madrid weit einfacher, als sie ursprünglich geplant waren, ausgeftihrt werden. Es
galt überhaupt nicht für ratsam, den in steter Geldnot behndlichen Monarchen
auf das eigene Vermögen aufmerksam zu machen. Man begnügte sich daher
zumeist, den alten, oft noch aus maurischer Zeit stammenden Palast durch ein
reiches, churriguereskes Portal zu schmücken. Neue Paläste, wie sie z. B.
in Italien allenthalben entstanden, zu bauen, war nur den Granden und auch
diesen nur mit vorsichtiger Beschränkung beschieden. Daneben entstanden,
wie in Sevilla 1697—1702. in Murcia 1748—52, in Mälaga 1772, prächtige
Paläste für die Kirchenfiirsten. Auch sie waren zwar ausschließlich
königliche Beamte, doch besaßen sie allein die Macht, an Reichtum mit der
Krone wetteifern zu diirfen.

Im ganzen Lande war der Handel in die Hände der Ausländer übergegangen.
Nur Oviedo und die beiden großen, mit besonderenVorrechten begabten Handels-
städte der Ostküste, Barcelona und Valencia nahmen in dieser ganzen Kultur-
entwicklung eine Ausnahmestellung ein. Hier war zu allen Zeiten der Adel nicht
der Bescliützer, sondern der von einer starken, in sich gefestigten Bürgerschaft
Beschützte gewesen. In diesen am stärksten von germanischem Blute durch-
setzten Provinzen blühten Handel und Gewerbe, hier entwickelte sich auch eine
bürgerliche Baukunst teils am freistehenden italienischen Palaste, teils am
eingebauten Reihenhause.
 
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