DOI Heft:
Literarische Beiträge
DOI Artikel:Biernatzki, Johannes: Henni Heidtrider
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.22178#0066
Rennt fieidtrider
Von
Johannes Biernatjki
|lrei Hamen kennzeichnen die Blüte untrer
einbeimifeben Bildnerei in der alten
Zeit: F)ans Brüggeman, P)enni I)eidtrider,
I)ans Gudewert. deich treuherziger an-
heimelnder Klang in ihnen allen! recht, wie
es dem deutteben Sinn, dem niedertäcb-
Tifcben Ohr bebagt. Das Scbickfal dieter
drei Damen ift Vehr verfebieden.
Der erfte in Scbleswig-I)olftein nie-
mals vergetfen, beute noch jedem Kinde
bekannt, wurde von dem Gerank der Sage
umtponnen. Hur das itt War, daß Metfter
P)ans Brüggeman nicht Schleswig - I)oi-
fteiner war, fondern aus dem I)annöves*-
Tcben, wo man ihn aber vergeffen hatte, ?u
uns harn.
Der andre Dame, I)ans Gudewert, be-
zeichnet eine bettimmt umrittene Gettalt,
und feitdem viel beachtet. 6r war Glied
der von f)aupt begonnenen Bewegung jum
Verftändnis untrer großen Vergangenheit
und feitdem viel beachtet. 6r war Glied
einer eingefetfenen Künttlerfamilie, der
€yp eins künftigen Meifters auf der F)öbe
Teiner Zeit.
Der dritte wird erft beute, hier ?um
erftenmal in breiterer Oeffentlicbheit ge-
nannt, nach einem Dornröscbenfcblaf von
drei Jahrhunderten aus träumender Ver-
getfenbeit erwacht. SelbTt feine derbe
träumten nur to dabin in einem dtnkel
des Candes. Sie Ttanden verftaubt und
Zerbröckelnd in einem alten Schloß, das im
übrigen Teiner Kunftfcbätze völlig beraubt
war. Sie wurden bäum angeteben
— bis man das Dorngeftrüpp $ur Seite
teblug, das um Tie wuchs, der es miterlebt
bat, wie Richard I)aupt vor einem Men-
fcbenalter den Spaten anfetzte (wie er be-
tcbeiden Tagt), der wird Witten, wie viel
wir ihm ju danken haben. Hucb die 6r-
kenntnis diefer Kunttwerhe.
Merkwürdig, daß Theodor Storm von
jenen derben beine tiefere Hnregung
empfing, er war doch fo aufgefcblotten
für Dinge der Vergangenheit; und tic ttan-
den in teiner Vaterftadt. Dagegen F)aupt,
da er Tie tab, in ftiller Verwunderung
feinen Gindruch. niederfebrieb: „6s gibt
im Cande in diefer deife nichts feböneres.
Diefe wundervollen Stücbe find einer der
böcbften Schätze des Candes". Und auf
Grund des großen Umblicks, den er in
feinen danderjabren fieb erworben, ord-
nete er tie in die Kunttentwicblung untres
Candes ein, und gab ihnen für ihre Zeit,
die Zeit der vollentfalteten Renaitfance,
die erfte Stelle. Sie werden fi« behalten,
bis tie verfallen find.
Denn leider find ja diefe Hlabafterka-
mine des I)utumer Scbloftes aus weichem
Stein und längft im vollen Vergeben be-
griffen. f)ätte der fßeitter fieb an unter
altgewohntes bernbaftes f)olj gehalten,
to hätte er befter für die Zukunft geforgt.
Hber er torgte fieb gewiß nicht um die Zu-
kunft, er, der nirgends feinen Damen oder
auch fein „Monogramm" anfeblug, der un-
beirrt durch dielen Mangel des Materials
doch an das ihm befohlene derk die
böcbfte Kraft fetzte und alles aufs torg-
fältigfte vollendete, ja offenbar aus diefer
Minderwertigkeit, die ja auch Zartheit war,
noch Dutten 30g, und in der Freude an der
Hrbett fieb felbft und alles andere vergaß.
Diefe freude ttrablt uns aus feinen der-
ken entgegen, däbrend man vor Brügge-
mans großartigem Hltarbau mit
feinem Cieffinn und feiner Kraft
der Cbarakteriftik fieb beugt, und
von den virtuoten Ceiftungen I)ans
Gudcwerts fieb bingeriffen fühlen bann,
ift man von dieten derben immer
wieder fanft entzückt. 6s wird ein nach-
klang deffen fein, was in des Meifters
Seele lebte, als er Tic febuf.
Jcb tollte tie nun wohl eigentlich ein-
gebend betebreiben. Das ift aber ein
hartes Stück, denn es die Hbbildungen
nicht tun, auch die genaueften Sacbbefcbrei-
bungen foleber Dinge erzeugen kein deut-
liches Bild. 6s wird dem zukünftigen
S a ch forfeber vorbehalten bleiben, der da-
von Grund- und Hufriß und künftlerifcbe
Hufnabmen geben wird in einer umfaften-
den Monographie, im Huftrag unterer
Candeskunftkommiftion.
Hber einiges kann man ja fagen. 6s
find nicht alle Kamine des Scbloßes gleicher
Hrt. Man wird nicht überall, an allen
Ceilen, die f)and des Meifters annehmen.
6s find auch Sandfteinarbeiten da, weit
härter ftilifiert und einfacher gehalten. So
der Kamin mit den beiden großen etwas
gefcbwollenen Docken, auf dem im flacb-
bild Mucius Scävola und der trojanitebe
Krieg fieb finden. Man glaubt kaum an
dietelbe derkftatt, die doch wabrfcbeinlicb
ift — fo viel anders ftebt er da.
Und etwas wird man erklären muffen,
die großen flacbbilder j. B. der I)aupt-
kamine.
Von
Johannes Biernatjki
|lrei Hamen kennzeichnen die Blüte untrer
einbeimifeben Bildnerei in der alten
Zeit: F)ans Brüggeman, P)enni I)eidtrider,
I)ans Gudewert. deich treuherziger an-
heimelnder Klang in ihnen allen! recht, wie
es dem deutteben Sinn, dem niedertäcb-
Tifcben Ohr bebagt. Das Scbickfal dieter
drei Damen ift Vehr verfebieden.
Der erfte in Scbleswig-I)olftein nie-
mals vergetfen, beute noch jedem Kinde
bekannt, wurde von dem Gerank der Sage
umtponnen. Hur das itt War, daß Metfter
P)ans Brüggeman nicht Schleswig - I)oi-
fteiner war, fondern aus dem I)annöves*-
Tcben, wo man ihn aber vergeffen hatte, ?u
uns harn.
Der andre Dame, I)ans Gudewert, be-
zeichnet eine bettimmt umrittene Gettalt,
und feitdem viel beachtet. 6r war Glied
der von f)aupt begonnenen Bewegung jum
Verftändnis untrer großen Vergangenheit
und feitdem viel beachtet. 6r war Glied
einer eingefetfenen Künttlerfamilie, der
€yp eins künftigen Meifters auf der F)öbe
Teiner Zeit.
Der dritte wird erft beute, hier ?um
erftenmal in breiterer Oeffentlicbheit ge-
nannt, nach einem Dornröscbenfcblaf von
drei Jahrhunderten aus träumender Ver-
getfenbeit erwacht. SelbTt feine derbe
träumten nur to dabin in einem dtnkel
des Candes. Sie Ttanden verftaubt und
Zerbröckelnd in einem alten Schloß, das im
übrigen Teiner Kunftfcbätze völlig beraubt
war. Sie wurden bäum angeteben
— bis man das Dorngeftrüpp $ur Seite
teblug, das um Tie wuchs, der es miterlebt
bat, wie Richard I)aupt vor einem Men-
fcbenalter den Spaten anfetzte (wie er be-
tcbeiden Tagt), der wird Witten, wie viel
wir ihm ju danken haben. Hucb die 6r-
kenntnis diefer Kunttwerhe.
Merkwürdig, daß Theodor Storm von
jenen derben beine tiefere Hnregung
empfing, er war doch fo aufgefcblotten
für Dinge der Vergangenheit; und tic ttan-
den in teiner Vaterftadt. Dagegen F)aupt,
da er Tie tab, in ftiller Verwunderung
feinen Gindruch. niederfebrieb: „6s gibt
im Cande in diefer deife nichts feböneres.
Diefe wundervollen Stücbe find einer der
böcbften Schätze des Candes". Und auf
Grund des großen Umblicks, den er in
feinen danderjabren fieb erworben, ord-
nete er tie in die Kunttentwicblung untres
Candes ein, und gab ihnen für ihre Zeit,
die Zeit der vollentfalteten Renaitfance,
die erfte Stelle. Sie werden fi« behalten,
bis tie verfallen find.
Denn leider find ja diefe Hlabafterka-
mine des I)utumer Scbloftes aus weichem
Stein und längft im vollen Vergeben be-
griffen. f)ätte der fßeitter fieb an unter
altgewohntes bernbaftes f)olj gehalten,
to hätte er befter für die Zukunft geforgt.
Hber er torgte fieb gewiß nicht um die Zu-
kunft, er, der nirgends feinen Damen oder
auch fein „Monogramm" anfeblug, der un-
beirrt durch dielen Mangel des Materials
doch an das ihm befohlene derk die
böcbfte Kraft fetzte und alles aufs torg-
fältigfte vollendete, ja offenbar aus diefer
Minderwertigkeit, die ja auch Zartheit war,
noch Dutten 30g, und in der Freude an der
Hrbett fieb felbft und alles andere vergaß.
Diefe freude ttrablt uns aus feinen der-
ken entgegen, däbrend man vor Brügge-
mans großartigem Hltarbau mit
feinem Cieffinn und feiner Kraft
der Cbarakteriftik fieb beugt, und
von den virtuoten Ceiftungen I)ans
Gudcwerts fieb bingeriffen fühlen bann,
ift man von dieten derben immer
wieder fanft entzückt. 6s wird ein nach-
klang deffen fein, was in des Meifters
Seele lebte, als er Tic febuf.
Jcb tollte tie nun wohl eigentlich ein-
gebend betebreiben. Das ift aber ein
hartes Stück, denn es die Hbbildungen
nicht tun, auch die genaueften Sacbbefcbrei-
bungen foleber Dinge erzeugen kein deut-
liches Bild. 6s wird dem zukünftigen
S a ch forfeber vorbehalten bleiben, der da-
von Grund- und Hufriß und künftlerifcbe
Hufnabmen geben wird in einer umfaften-
den Monographie, im Huftrag unterer
Candeskunftkommiftion.
Hber einiges kann man ja fagen. 6s
find nicht alle Kamine des Scbloßes gleicher
Hrt. Man wird nicht überall, an allen
Ceilen, die f)and des Meifters annehmen.
6s find auch Sandfteinarbeiten da, weit
härter ftilifiert und einfacher gehalten. So
der Kamin mit den beiden großen etwas
gefcbwollenen Docken, auf dem im flacb-
bild Mucius Scävola und der trojanitebe
Krieg fieb finden. Man glaubt kaum an
dietelbe derkftatt, die doch wabrfcbeinlicb
ift — fo viel anders ftebt er da.
Und etwas wird man erklären muffen,
die großen flacbbilder j. B. der I)aupt-
kamine.