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TAFEL I — IV.
I. GRABRELIEFS UND BEMALTE STELEN.
TAFEL I.
GRABSTEIN EINES KLEINEN MÄDCHENS.
Dresden. Weisser Marmor. Höhe 0,73 m. Jetzt ohne jede Spur von Bemalung, die ehemals zum
wenigsten am Akroter sicherlich vorhanden war, sei es in der Form einer Palmette (wie Conze, Die
attischen Grabreliefs Taf. LII, 163; CCCVIII, 1492 u. ö.) oder einer Sirene (vgl. den Holzsarg aus
Abusir, Watzinger, Griechische Holzsarkophage S. 33, Abb. 57; Conze a. a. O. CCCXI, 1124a;
Brückner, Ornament und Form der attischen Grabstelen S. 2 6 ff.).
In einer flachen rechteckigen Eintiefung steht das verstorbene Kind, welches durch die vollen
Haare an den Schläfen und das Gewand als Mädchen bezeichnet ist. Das bis auf die Füsse reichende
Kleidchen mit Ärmelchen, die kaum die Schulter bedecken, ist sehr hoch, fast unter den Achseln gegürtet
und über dem Gürtel in langem Überfall tief heruntergezogen. Es bedeckt den Körper in grossen,
einfachen, kräftigen Linien. Während die linke Hand unbewusst mit dem Rand des Gewandüberschlags
spielt, hält die rechte einen Gegenstand, dessen undeutliche Linien am ehesten auf einen Vogel raten
lassen, einem von dem Mädchen fort nach links emporspringenden Spitzhündchen hin.
Kind, Vogel und Hund sind auch sonst in Alexandrien in ähnlicher Weise zusammengestellt
(vgl. unsere Tafel II, 1; Breccia, La Necropoli di Sciatbi Taf. XX, 23,24; XXI, 2 5; in Malerei: Nekropolis
S. 54h, Nr. 56, 58, 59), doch offenbar im Verhältnis häufiger in Attika, wo im 4. Jahrhundert dies Motiv
aufkommt (Brückner a. a. O. S. 70). Auf apulischen Grabvasen ist der Jüngling (nie ein Kind) mit dem
Hund eine vereinzelte Erscheinung, doch kommt der Vogel in der Hand des Toten häufiger vor: Unter-
italische Grabdenkmäler S. 88, Taf. XI. Die alexandrinische Grabstatuette aus Kalkstein in Rostock
verdient in diesem Zusammenhang Erwähnung: Archäol. Anzeiger 1918, S. 1 1 1, Nr. 1.
In Form und Ausführung steht unsere Stele handwerksmässigen attischen Grabsteinen so nahe,
dass man entweder ihre Anfertigung in Athen selbst oder Tätigkeit eines attischen Steinmetzen in
Alexandrien annehmen muss. Auf jeden Fall ist das Material von auswärts importiert worden, und dieses
Material an sich datiert den Stein in die ersten Jahrzehnte der Stadt. Nur die ältesten alexandrinischen
Grabstelen sind aus dem kostbaren Marmor gefertigt worden, bald beherrscht der lokale Kalkstein das
Feld, erst die römische Epoche hat wieder auf Marmor zurückgegriffen (Pfuhl, Athen. Mitt. XXVI, 1901,
S. 260; Nekropolis S. 62h). Zu den wenigen Stelen aus kostbarem Material, deren schönste das Grab-
relief einer Frau mit Dienerin in Alexandrien ist (Nekropolis S. 8, Abb. 3) tritt der SiEGLiNsche Stein als

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