VORLÄUFIGER RESTAURATORISCH-NATUR WISSENSCHAFTLICHER BESTANDSBERICHT 59
An den Flügelreliefs sind wenige Stücke ausgebrochen und später ergänzt worden. Das
Verkündigungsrelief (Abb. 11) ist im ursprünglichen Zustand sehr gut erhalten, lediglich die
Lilien aus der Vase sind abgebrochen. Über der Vase wird an dem Relief ein quadratisches
Feld sichtbar, das ebenmäßig in das Relief eingelassen ist und auf seiner Rückseite keine Spu-
ren hinterlässt. Möglicherweise handelt es sich hier um die Ausbesserung einer verletzten Stel-
le. oder aber Riemenschneider hat hier einen Hohlraum für einen möglichen Stiftungszettel
eingelassen, wie es vom Steinacher Kruzifix bekannt ist.2'4 Doch solange kein Restaurator die-
se Stelle untersucht hat. bleiben diese Überlegungen reine Vermutungen. Muth weist darauf
hin, daß der Siegel des entrollten Briefes am Verkündigungsrelief verloren gegangen sein
muß, und er folgt Bier darin, daß die Taube abgebrochen sei.* * 275 Bruchstellen können aber we-
der für das Siegel noch für die Taube nachgewiesen werden. Das Heimsuchungsrelief ist an
keiner Stelle beschädigt und zeigt sich in seiner ursprünglichen Gestalt (Abb. 12). Am Ge-
burtsrelief ist lediglich die rechte Hand von Josef abgebrochen und die Kerze oberhalb der
Bruchstelle in der Höhe des Daumens wurde ergänzt (Abb. 13).276 Das Darbringungsrelief ist
nahezu vollständig erhalten (Abb. 14). Bier vermutet weitere Kerzen auf dem Altartisch, und
■-nach den Leimflecken zu urteilen ist von First und Gesims des Sargs, auch von Simeons Le-
derkoller aufgelegter Schmuck weggebrochen“.277 Das Rankengeflecht über den einzelnen Re-
lieftafeln ist ursprünglich und lediglich neu angenagelt worden.
Die Reliefs in den Nischen der Predella wurden im September 1919 bei einem Diebstahl
entwendet und im folgenden Jahr bei Kunsthändlern in Frankfurt, Aschaffenburg, München
und Köln beschädigt wieder aufgefunden.274 Am Anbetungsrelief ist dabei ein Stück der Rui-
nenstütze hinter dem älteren König ausgebrochen (Abb. 15). Das Jesuskind fehlte schon 1833,
als Dreher seine erste Beschreibung vom Retabel veröffentlichte,2'9 und wird wahrscheinlich
während der Reformation zur ‘Entheiligung’ eines Andachtsaltars entwendet worden sein. Im
Belief der Auffindung des Jesusknabe im Tempel fehlen einige Finger an den Händen des Je-
susknaben und der Gelehrten. Die Hand des vordersten Gelehrten fehlt gänzlich. Bier vermu-
tet, daß es „ursprünglich vier Schriftgelehrten [waren], der hinterste, der ohnedies kaum in Er-
scheinung trat, ist [bei dem Diebstahl] weggebrochen“.280 Dagegen spricht aber, daß Dreher
1833 von „zusammen 6 Personen“ spricht und Bauer 1863 „3 Schriftgelehrten“ erwähnt.281
Die Marienfigur im Korpus scheint tadellos erhalten zu sein, nur an den Apostelfiguren feh-
len einige Kleinteile (Abb. 1, 25). Die linke Hand des Apostel Johannes fehlt. In der Lithogra-
phie von 1844 und in dem Holzschnitt von Bunz 1862 ist die linke Hand als Pendant zur rech-
ten Hand ergänzt worden. Nasse weist 1946 darauf hin, daß auch „seine rechte Hand ...
2’4 _
Kiemenschneider, Kruzifixus, 1516, Steinach/Saale, Pfarrkirche.
Muth 1993, S. 12; Bier 1930, S. 67.
Taube 1983, S. 14, vermutet anstatt der Kerze ursprünglich einen Wanderstab, der aber ikonographisch hier unwahr-
; scheinlich und aufgrund der Handhaltung unmöglich ist.
J Bier 1930, S. 70.
Nasse 1946, S. 45. - Vgl. auch Bier 1930, S. 71-73 und Anmerkungen; Muth 1993, Anm. 21: „1920“.
280 Dreher 1833, S. 2. - In der Lithographie von 1844 und dem Holzschnitt von Bunz 1862 wird das Jesuskind ergänzt.
,8“ Bier 1930, S. 72. - Vgl. auch Muth 1993, 17.
Dreher 1833, S. 2; Bauer 1863, S. 307.
An den Flügelreliefs sind wenige Stücke ausgebrochen und später ergänzt worden. Das
Verkündigungsrelief (Abb. 11) ist im ursprünglichen Zustand sehr gut erhalten, lediglich die
Lilien aus der Vase sind abgebrochen. Über der Vase wird an dem Relief ein quadratisches
Feld sichtbar, das ebenmäßig in das Relief eingelassen ist und auf seiner Rückseite keine Spu-
ren hinterlässt. Möglicherweise handelt es sich hier um die Ausbesserung einer verletzten Stel-
le. oder aber Riemenschneider hat hier einen Hohlraum für einen möglichen Stiftungszettel
eingelassen, wie es vom Steinacher Kruzifix bekannt ist.2'4 Doch solange kein Restaurator die-
se Stelle untersucht hat. bleiben diese Überlegungen reine Vermutungen. Muth weist darauf
hin, daß der Siegel des entrollten Briefes am Verkündigungsrelief verloren gegangen sein
muß, und er folgt Bier darin, daß die Taube abgebrochen sei.* * 275 Bruchstellen können aber we-
der für das Siegel noch für die Taube nachgewiesen werden. Das Heimsuchungsrelief ist an
keiner Stelle beschädigt und zeigt sich in seiner ursprünglichen Gestalt (Abb. 12). Am Ge-
burtsrelief ist lediglich die rechte Hand von Josef abgebrochen und die Kerze oberhalb der
Bruchstelle in der Höhe des Daumens wurde ergänzt (Abb. 13).276 Das Darbringungsrelief ist
nahezu vollständig erhalten (Abb. 14). Bier vermutet weitere Kerzen auf dem Altartisch, und
■-nach den Leimflecken zu urteilen ist von First und Gesims des Sargs, auch von Simeons Le-
derkoller aufgelegter Schmuck weggebrochen“.277 Das Rankengeflecht über den einzelnen Re-
lieftafeln ist ursprünglich und lediglich neu angenagelt worden.
Die Reliefs in den Nischen der Predella wurden im September 1919 bei einem Diebstahl
entwendet und im folgenden Jahr bei Kunsthändlern in Frankfurt, Aschaffenburg, München
und Köln beschädigt wieder aufgefunden.274 Am Anbetungsrelief ist dabei ein Stück der Rui-
nenstütze hinter dem älteren König ausgebrochen (Abb. 15). Das Jesuskind fehlte schon 1833,
als Dreher seine erste Beschreibung vom Retabel veröffentlichte,2'9 und wird wahrscheinlich
während der Reformation zur ‘Entheiligung’ eines Andachtsaltars entwendet worden sein. Im
Belief der Auffindung des Jesusknabe im Tempel fehlen einige Finger an den Händen des Je-
susknaben und der Gelehrten. Die Hand des vordersten Gelehrten fehlt gänzlich. Bier vermu-
tet, daß es „ursprünglich vier Schriftgelehrten [waren], der hinterste, der ohnedies kaum in Er-
scheinung trat, ist [bei dem Diebstahl] weggebrochen“.280 Dagegen spricht aber, daß Dreher
1833 von „zusammen 6 Personen“ spricht und Bauer 1863 „3 Schriftgelehrten“ erwähnt.281
Die Marienfigur im Korpus scheint tadellos erhalten zu sein, nur an den Apostelfiguren feh-
len einige Kleinteile (Abb. 1, 25). Die linke Hand des Apostel Johannes fehlt. In der Lithogra-
phie von 1844 und in dem Holzschnitt von Bunz 1862 ist die linke Hand als Pendant zur rech-
ten Hand ergänzt worden. Nasse weist 1946 darauf hin, daß auch „seine rechte Hand ...
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Kiemenschneider, Kruzifixus, 1516, Steinach/Saale, Pfarrkirche.
Muth 1993, S. 12; Bier 1930, S. 67.
Taube 1983, S. 14, vermutet anstatt der Kerze ursprünglich einen Wanderstab, der aber ikonographisch hier unwahr-
; scheinlich und aufgrund der Handhaltung unmöglich ist.
J Bier 1930, S. 70.
Nasse 1946, S. 45. - Vgl. auch Bier 1930, S. 71-73 und Anmerkungen; Muth 1993, Anm. 21: „1920“.
280 Dreher 1833, S. 2. - In der Lithographie von 1844 und dem Holzschnitt von Bunz 1862 wird das Jesuskind ergänzt.
,8“ Bier 1930, S. 72. - Vgl. auch Muth 1993, 17.
Dreher 1833, S. 2; Bauer 1863, S. 307.