mit den Symbolen des friedlichen Glückes, der Gnade und Liebe
ausrüstet. Auf einer anderen Tafel erscheint die stolze und
lebenskräftige Fürstin selbst, die Waage der Gerechtigkeit in
ihrer Hand, vom Ueberfluß, der belohnenden Freigebigkeit und
den Symbolen künstlerisch-wissenschaftlicher Bemühungen um-
geben; zu ihren Füßen winden sich, jetzt verspottet, die besieg-
ten Laster, während die Zeit den Genius von Frankreich zu
einer besseren Zukunft führt. Ein ander Mal sieht man diesen
Genius die Hydren der Zwietracht und Empörung in den Ab-
grund schleudern.“ Ich setze diese Worte hierher, weil ich in
ihnen Alles ausgedrückt finde, was den Betrachter als sonder-
bar an diesen Darstellungen berührt: eben jene Verbindung von
Portrait und Allegorie, von wahrhaftiger Begebenheit und
ideellem Bezüge, von gegenwärtiger Handlung und allgemeiner
Deutung, Rechtfertigung, Sinngebung. Goethe hat diese leben-
dige Allegorie im historischen Bilde getadelt: „eine farbige Dar-
stellung (nämlich der Allegorie) würde mich stören“, sagt er,
„eine Marmorgruppe an diesem Platz würde den Gedanken aus-
sprechen, ohne in Konflikt zu geraten mit der Gesellschaft
wirklicher Personen, die sie umgeben.1) Seine Bedeutung erhält
dieser Tadel dadurch, daß er sich gegen den Verfall jener
höfischen Kunst wendet, welcher — schon seit Ludwig XIV. —
ein ganzer allegorisch-mythologischer Olymp zur Kostümierung
fürstlicher Launen diente, und zugleich jenen Ansätzen zu einer
„historischen“ Allegorie entgegentrat, die zu den Verirrungen
Kaulbachs geführt hat.2) Ob er aber nicht gerade das bezeichnet,
ü E. Förster, Aus der Jugendzeit. Berlin 1887 S. 316.
2) Ich setze die ganze Stelle hierher. Förster, ein Schüler von
Cornelius, langte am 6. November 1824 in Weimar an, wo er Goethe
,,den von Cornelius angeregten, von der königlich preußischen Regierung
genehmigten Plan, die Universitätsaula in Bonn mit historischen Dar-
stellungen der vier Fakultäten — Theologie, Philosophie, Jurisprudenz,
Medizin—inFresco auszuschmücken“ auseinandersetzte, „berichtete, wie
mit der Theologie der Anfang gemacht worden... und gab... die Er-
klärung der Zeichnung: wie die allegorische Figur auf dem Postament
in der Mitte die Theologie darstelle, mit den Genien des Forschens und
Glaubens; wie neben ihr gleich Säulen die Evangelisten ständen, an die
sich in zwei Reihen sitzend die Kirchenväter anschlossen, die ich, wie alle
dargestellten Personen, namentlich bezeichnen mußte. Dann zeigte ich
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ausrüstet. Auf einer anderen Tafel erscheint die stolze und
lebenskräftige Fürstin selbst, die Waage der Gerechtigkeit in
ihrer Hand, vom Ueberfluß, der belohnenden Freigebigkeit und
den Symbolen künstlerisch-wissenschaftlicher Bemühungen um-
geben; zu ihren Füßen winden sich, jetzt verspottet, die besieg-
ten Laster, während die Zeit den Genius von Frankreich zu
einer besseren Zukunft führt. Ein ander Mal sieht man diesen
Genius die Hydren der Zwietracht und Empörung in den Ab-
grund schleudern.“ Ich setze diese Worte hierher, weil ich in
ihnen Alles ausgedrückt finde, was den Betrachter als sonder-
bar an diesen Darstellungen berührt: eben jene Verbindung von
Portrait und Allegorie, von wahrhaftiger Begebenheit und
ideellem Bezüge, von gegenwärtiger Handlung und allgemeiner
Deutung, Rechtfertigung, Sinngebung. Goethe hat diese leben-
dige Allegorie im historischen Bilde getadelt: „eine farbige Dar-
stellung (nämlich der Allegorie) würde mich stören“, sagt er,
„eine Marmorgruppe an diesem Platz würde den Gedanken aus-
sprechen, ohne in Konflikt zu geraten mit der Gesellschaft
wirklicher Personen, die sie umgeben.1) Seine Bedeutung erhält
dieser Tadel dadurch, daß er sich gegen den Verfall jener
höfischen Kunst wendet, welcher — schon seit Ludwig XIV. —
ein ganzer allegorisch-mythologischer Olymp zur Kostümierung
fürstlicher Launen diente, und zugleich jenen Ansätzen zu einer
„historischen“ Allegorie entgegentrat, die zu den Verirrungen
Kaulbachs geführt hat.2) Ob er aber nicht gerade das bezeichnet,
ü E. Förster, Aus der Jugendzeit. Berlin 1887 S. 316.
2) Ich setze die ganze Stelle hierher. Förster, ein Schüler von
Cornelius, langte am 6. November 1824 in Weimar an, wo er Goethe
,,den von Cornelius angeregten, von der königlich preußischen Regierung
genehmigten Plan, die Universitätsaula in Bonn mit historischen Dar-
stellungen der vier Fakultäten — Theologie, Philosophie, Jurisprudenz,
Medizin—inFresco auszuschmücken“ auseinandersetzte, „berichtete, wie
mit der Theologie der Anfang gemacht worden... und gab... die Er-
klärung der Zeichnung: wie die allegorische Figur auf dem Postament
in der Mitte die Theologie darstelle, mit den Genien des Forschens und
Glaubens; wie neben ihr gleich Säulen die Evangelisten ständen, an die
sich in zwei Reihen sitzend die Kirchenväter anschlossen, die ich, wie alle
dargestellten Personen, namentlich bezeichnen mußte. Dann zeigte ich
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