lockern würden. In der Darstellung Raffaels handelt es sich nun
nach Wickhoff erstens um die Auffindung der Sarkophage und
zweitens um die Verbrennung der gefährlichen philosophischen
Bücher. Die Beziehung dieser Szenen zu Befugnis und Macht
des Papsttums war den Zeitgenossen gewiß verständlich.1) Es
ist aber bezeichnend, daß man auch diese überpersönliche
geistige Gewalt damals als in einem besonderen Individuum ver-
körpert vorstellte: der Oheim Julius II., Sixtus IV., war als
theologischer Schriftsteller tätig. Nach seiner Papstwahl sind
seine wichtigsten Schriften herausgegeben worden; in der Wid-
mung preist der Verleger die Verdienste Sixtus IV. um den
christlichen Glauben: so hätten nicht nur die Kirchenväter ge-
handelt, sondern schon die Heiden, — und nun folgt jene Er-
zählung aus dem 1. Buch des Valerius Maximus. Darnach ist es
doch sehr wahrscheinlich, daß Julius II. mit dieser Szene seinen
Oheim hat verherrlichen wollen. Noch genügt die symbolische
Vergleichung ohne Hervorhebung des besonderen Charakters
einer geschichtlichen Persönlichkeit, solange man ihr Wesen
noch gänzlich im Zusammenhang der universalen Ideen begreift.
Auch in der Stanza d’Eliodoro begegnet noch dieser geschicht-
liche Symbolismus. Allein in dem Heliodorfresko und in der
Messe von Bolsena ist der gefeierte Papst schon selber gegen-
wärtig, noch nicht unmittelbar an der legendären Handlung
teilnehmend, aber als ein ihren Inhalt bedeutender Zuschauer.
Merkwürdig sind in dieser Stanza die Chiaroscuri unter
den Fresken. So erscheint Julius II. unter der „Messe von
Bolsena“ im vollen Schmuck seiner Würde, der Hydra das Maul
zubindend: „d. h. er vernichtet das Schisma“.2) Ein andermal
„erscheint er als Sieger über die äußeren Bedränger des Hl.
Stuhles, als Wiederhersteller des rechtmäßigen weltlichen Be-
sitzes der Kirche. Dies wird der Ansicht der Zeit entsprechend
ausgedrückt, indem Kaiser Constantin dem Papst Sylvester, der
Julius II. Züge trägt, das Triregnum überreicht“. Auf dem
*) Vergl. zum Ganzen Pastor, III., S. 854. Zu der „Verbrennung der
Bücher“ und ihre Anspielung auf Zeitereignisse weist Pastor auf die
Zensurbestimmungen von 1491 und 1501 hin.
s) Pastor a. a. O. III. S. 865 ff .
102
nach Wickhoff erstens um die Auffindung der Sarkophage und
zweitens um die Verbrennung der gefährlichen philosophischen
Bücher. Die Beziehung dieser Szenen zu Befugnis und Macht
des Papsttums war den Zeitgenossen gewiß verständlich.1) Es
ist aber bezeichnend, daß man auch diese überpersönliche
geistige Gewalt damals als in einem besonderen Individuum ver-
körpert vorstellte: der Oheim Julius II., Sixtus IV., war als
theologischer Schriftsteller tätig. Nach seiner Papstwahl sind
seine wichtigsten Schriften herausgegeben worden; in der Wid-
mung preist der Verleger die Verdienste Sixtus IV. um den
christlichen Glauben: so hätten nicht nur die Kirchenväter ge-
handelt, sondern schon die Heiden, — und nun folgt jene Er-
zählung aus dem 1. Buch des Valerius Maximus. Darnach ist es
doch sehr wahrscheinlich, daß Julius II. mit dieser Szene seinen
Oheim hat verherrlichen wollen. Noch genügt die symbolische
Vergleichung ohne Hervorhebung des besonderen Charakters
einer geschichtlichen Persönlichkeit, solange man ihr Wesen
noch gänzlich im Zusammenhang der universalen Ideen begreift.
Auch in der Stanza d’Eliodoro begegnet noch dieser geschicht-
liche Symbolismus. Allein in dem Heliodorfresko und in der
Messe von Bolsena ist der gefeierte Papst schon selber gegen-
wärtig, noch nicht unmittelbar an der legendären Handlung
teilnehmend, aber als ein ihren Inhalt bedeutender Zuschauer.
Merkwürdig sind in dieser Stanza die Chiaroscuri unter
den Fresken. So erscheint Julius II. unter der „Messe von
Bolsena“ im vollen Schmuck seiner Würde, der Hydra das Maul
zubindend: „d. h. er vernichtet das Schisma“.2) Ein andermal
„erscheint er als Sieger über die äußeren Bedränger des Hl.
Stuhles, als Wiederhersteller des rechtmäßigen weltlichen Be-
sitzes der Kirche. Dies wird der Ansicht der Zeit entsprechend
ausgedrückt, indem Kaiser Constantin dem Papst Sylvester, der
Julius II. Züge trägt, das Triregnum überreicht“. Auf dem
*) Vergl. zum Ganzen Pastor, III., S. 854. Zu der „Verbrennung der
Bücher“ und ihre Anspielung auf Zeitereignisse weist Pastor auf die
Zensurbestimmungen von 1491 und 1501 hin.
s) Pastor a. a. O. III. S. 865 ff .
102