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Simson, Otto von
Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock besonders der Medicigalerie des P.P. Rubens — Leipzig, Strassburg, Zürich: Heitz & Co., 1936

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2. Teil: Der neue Mensch und die Symbolik der menschlichen Gestalt
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1. Kapitel: Metaphysische Stellung des Menschen seit der Reformation. - Wandlungen des Glaubens
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https://doi.org/10.11588/diglit.63507#0123
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als den menschlichen Anlagen überlegene, ja heteronome Mittel
den Weg zum Heil einzig gewiesen hatten. Ficino hatte die
menschliche Erkenntniskraft als unmittelbar göttlich empfun-
den.1) Und in der religiösen Kraft, mit welcher der Mensch
sich zu Gott wendet, findet er allein schon die Gewißheit seiner
Unsterblichkeit.2) Aus diesen Gedanken ist dann auch der
universale Theismus hervorgegangen, nach Dilthey „die Ueber-
zeugung, daß die Gottheit in den verschiedenen Religionen und
Philosophen gleicherweise wirksam gewesen sei“, die zugleich
auch die Idee „eines völlig universellen Wirkens der Gottheit
durch die ganze Natur hindurch und in dem Bewußtsein aller
Menschen zur Voraussetzung hat.“3) So ist für Erasmus jene
einfache Philosophie Christi im Einklang mit der Philosophie
Ciceros, Senecas und Platons; auch sie haben unter dem Einfluß
göttlicher Inspiration geschrieben. Cicero war von der Gott-
heit beseelt. Schon Ficino hatte ja Christus als „exemplar
virtutum“ unter die großen Gestalten der römischen Ethik ge-
stellt; Melanchthon erkennt im Altertum wie im Christentum
die Eine teleologische und ideale Weltanschauung, welche ihm
Ausdruck der innersten menschlichen Anlage ist — auch für ihn
also geht ein geschichtlicher Zusammenhang von den klassischen
Philosophen hinüber zum Christentum.4) Unter dem Einfluß
Pico della Mirandolas ist dann Zwingli zu dem größten Ver-
künder des universalen Theismus geworden. Für ihn sind
auch Sokrates und Seneca zum ewigen Leben erwählt, Senecas
Werke zählen ihm unter die heiligen Schriften.5) Im Zusam-
menhang mit seiner (schon erwähnten) Lehre von der Gott-
gemäßheit der Schöpfung sieht er alles Wahre, Heilige, Gütige

Ö „Quid autem nostra mens est nisi scintilla quaedam mentis supc-
rioris“. Theol. Plat. XI. cap. II p. 236 a.
2) „Tota denique religio naturalis homini firmissimum immortalitatis
est fundamentum“. In Plotin. Comm. t. II. p. 707; vergl. Epist. I. 936 a.
So ist auch für den Taufgesinnten Hans Denck das religiöse Gefühl ein
Funke des göttlichen Geistes selbst. Dilthey ibid. S. 80.
3) Vergl. auch zum Folgenden Dilthey ibid. S. 44 ff.
4) Dilthey a. a. O. S. 164 ff.
5) De vera et falsa relig. 1525, S. 8 ff.

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