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Sladeczek, Leonhard
Albrecht Duerer und die Illustrationen zur Schedelchronik: neue Fragen um den jungen Dürer — Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Heft 342: Baden-Baden, 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.37607#0034
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28

Erster stilkritischer Hinweis auf Dürer
Auch von Seiten der Stilkritik erhalten wir einen Hinweis auf die Mit-
arbeit Dürers an den Illustrationen der Schedelschen Weltchronik.
Schon F. Kriegbaum (*42) macht die interessante Feststellung, daß
die frühen Holzschnitte Dürers in der Technik der Strichführung so-
wie in Licht- und Schattengebung eine gewissen Eigengesetzlichkeit
besitzen. Er beweist, daß Dürers Apokalypse, die Bilder der großen
Passion sowie eine Reihe sonstiger früher Holzschnitte nach folgen-
den graphischen und technischen Grundgesetzen ausgeführt sind: mit
einer Vielzahl von zum Teil primitiven Holzschnitten des 15. Jahr-
hunderts haben sie gemeinsam die Technik der kurzen und langen
parallelen Liniengebung der Binnenzeichnung sowie die mehrfach an-
gewandte Kreuzschraffur. Die Umgrenzung einer Gestalt entsteht
durch eine schwarze Stegführung frei im Lichte der angrenzenden
Flächen (Abb.4).
Wird nun aber ein Körper mit seiner schwarzen Umrißführung dicht
an eine Dunkelheit der Umgebung gesetzt, so wird die'Kontur von
dieser aufgesogen oder anders gesagt, die schwarze Kontur der Steg-
führung geht in eine breitflächige, dunkle Schattenzone über und ver-
schmilzt ganz mit ihr (Abb. 5). Diese Art der xylographischen Tech-
nik, die eine mehr malerische und tonige Wirkung des Holzschnittes
zur Folge hat, ist nach Kriegbaums Angaben fast ausschließlich Ei-
genart des Nürnberger Wolgemutkreises. Es zeigt sich also schon
hier die erste Spur einer Ähnlichkeit Dürerscher Holzschnittechnik
mit der Wolgemuts.
Weiter führt Kriegbaum aus, daß ein bestimmtes technisches Ver-
fahren innerhalb des Holzschnittes die Erfindung des jungen Dürer
sei: wird nämlich ein von einer Dunkelheit in sich gefüllter Körper
in eine Schattenzone gestellt, so müßte sich nach altem Gesetz die
Kontur einfach auflösen. Hier sei in sofern eine Neulösung gefunden
worden, als daß sich die bis dahin geltende Stegführung des Holz-
schnittes in die Liniengebung des Weißschnittes verwandelt. An die
Stelle der ehemaligen schwarzen Linienführung, die durch die an-
grenzende Dunkelheit absorbiert würde, tritt jetzt der weiße Strich,
der sich nach Verlassen der Schattenzonen wieder in einen schwar-
zen Steg verwandelt (Abb. 6). Diese Art des graphischen Verfahrens
entwickelt zu haben - so sagt Kriegbaum - sei das Verdienst des jun-
gen Dürer. Kriegbaum unterliegt insofern einem Irrtum, als man
die gleiche Art der Strichtechnik bereits allgemein in den Holzschnit-
ten der Schedelschen Weltchronik vorfindet (Abb. 7) (*43). Man mag
42. F. Kriegbaum, Zu den graphischen Prinzipien in Dürers frühem Holzschnittwerk (=Gold-
schmidt-Festschrift "Das siebente Jahrzehnt", 1935), S. 100 ff.
43. Allgemein läßt sich die Technik der Weißschnittführung für sehr viele Holzschnitte der
Weltchronik nachweisen, so z. B. fol. 2 (Engelsversammlung), fol. 5 (Erschaffung des Adam,
rechte Seite, Hirschrücken), usw.
 
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