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Sladeczek, Leonhard
Albrecht Duerer und die Illustrationen zur Schedelchronik: neue Fragen um den jungen Dürer — Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Heft 342: Baden-Baden, 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.37607#0067
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VERMUTUNGEN

Sicherlich wird außer den drei besprochenen Holzschnitten noch
manches andere Bild der Weltchronik von Dürer geschaffen sein.
Es dürfte aber schwerfallen, heute, nach nahezu 500 Jahren, dafür
noch einen exakten Beweis anzutreten. Die Vergleiche mit der Apo-
kalypse waren glückliche Zufälle, aber nicht immer gibt uns der Zu-
fall solche Argumente in die Hand. So sei mir an dieser Stelle er-
laubt, einige Vermutungen, die nicht ganz jedes Beweises ermangeln,
auszusprechen.
Weitere Zuschreibungen an Dürer
Nach den Urkunden sind die Illustrationen der Weltchronik unter Wol-
gemuts und Pleydenwurffs Leitung entstanden. In ihrer Werkstatt
führten Gesellen und Lehrbuben die einzelnen Arbeiten aus. Einer
von ihnen war Dürer, der nach den Jahren seiner Lehrzeit sagte: "ln
dieser Zeit verlieh mir Gott Fleiß, daß ich gut lernte, aber ich mußte
auch viel von seinen Gesellen leiden. " (*57). - Daß es sich bei den
Illustratoren der Weltchronik um ein ganzes Werkstatteam handelte,
glaube ich auch stilkritisch nachweisen zu können.
Zu Anfang der Chronik ist die Schöpfungsgeschichte dargestellt.
Sechsmal ist die Schöpferhand Gott Vaters in Einzelbildern wieder-
gegeben (Abb. 35-38). Diese Darstellungen - das sieht man durch
einen Vergleich auf den ersten Blick - sind von sechs artverschie-
denen Künstlern gemalt worden. Die auf Folio IV befindliche Schöp-
ferhand (Abb. 38) möchte ich dem jungen Dürer zuweisen. Zu einer
solchen Zuschreibung veranlassen mich die Gestaltungskraft der Dar-
stellung, die Übergröße des Dargestellten auf kleinstem Raum, die
geschickte Art der Aderzeichnung und im besonderen die unbedingte
Anpassungsfähigkeit der Handgestaltung an die Rahmengebung des
Blattes. Das alles spricht eindeutig für den hohen künstlerischen
Wert des Holzschnittes: er ist doch gleichsam die Vorwegnahme von
Dürers "Betenden Händen".
Aus ähnlichen Gründen möchte ich auch aus der Linea Christi auf
Folio XXX den Naason und den Aminadab einschließlich der Ranken-
zeichnungen (Abb. 39) dem juhgen Dürer zuweisen. Sicherlich werden
unter den Personendarstellungen der Linea Christi noch manche Dü-
rerholzschnitte zu finden sein. Wir wollen uns an dieser Stelle jedoch
mit einer Vermutung begnügen.

57. Lange / Fuße, a. a. O. S. 8-25.
 
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