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Sladeczek, Leonhard
Albrecht Duerer und die Illustrationen zur Schedelchronik: neue Fragen um den jungen Dürer — Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Heft 342: Baden-Baden, 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.37607#0066
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Erwägungen der Proportionslehre, die er gegen Ende seines Lebens
geschaffen - hier in den ersten entscheidenden Jahren seines Lebens
über zwei Jahre unter Holzschneidern gelebt haben soll, ohne die
technische Beherrschung der Holzschneidekunst von ihnen zu erler-
nen. Eine derartige Annahme wäre so absurd, daß sich jedes weitere
Wort dazu erübrigt.
Aus Dürers Proportionslehre
Unter diesem Aspekt gewinnt auch jenes vielseitig gedeutete Zitat
aus Dürers Proportionslehre (III. Buch, T. 2) eine entscheidende und
eindeutige Auslegung: "Daraus kummt, daß Manicher etwas mit der
Federn in eim Tag auf ein halben Bogen Papiers reißt oder mit sein
Eiselein etwas in ein klein Hölzlein versticht; das wird künstlicher
und besser dann eines Andern großes Werk, daran derselb ein ganz
Jahr mit höchstem Fleiß macht."
Die Dokumente für die Schedelsche Weltchronik und auch die graphi-
sche Technik in den Holzschnitten des jungen Dürer sprechen eine
eindeutige Sprache.
Der Basler Holzschnitt von 1492
Nun wird auch verständlich, daß die ersten Spuren von Dürers Tätig-
keit aus den Jahren seiner Wanderschaft in den Städten zu suchen
sind, in denen man sich besonders der Holzschnittproduktion zuge-
wandt hatte. Er bemühte sich also auf seiner Wanderung in Straßburg,
Basel und anderen Städten eine gleiche Tätigkeit wiederaufzunehmen,
wie er sie in Nürnberg unter Wolgemuts Leitung begonnen hatte. -
Aus all diesen Fakten können wir deshalb mit vollem Recht schließen,
daß Dürer seine frühen Holzstöcke selbst geschnitten hat.
In diesem Zusammenhang noch eine interessante Feststellung: trotz
der einwandfreien Ähnlichkeit des dem jungen Dürer zugeschriebenen
Basler Holzschnittes von 1492 (Hieronymus im Gehäus) mit den Ar-
beiten der Wolgemutschule zeigt jener Holzschnitt nicht in allem die
gleichen graphischen Gesetzmäßigkeiten, nach denen alle übrigen
frühen Holzschnitte Dürers geschaffen wurden. Dieser Umstand kann
nur so gedeutet werden, daß Dürer auf seiner Wanderschaft in Basel
unter anderen Zunftgesetzen gestanden hat als damals in Nürnberg.
Es ist daher anzunehmen, daß die Holzschnittzeichnungen aus Dürers
Wanderzeit von Holzschneidern .nachgeschnitten wurden, die in der
künstlerisch technischen Ausführung nicht über dieselben Aüsdrucks-
mittel verfügten, wie sie eben der junge Dürer besessen hatte.
 
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