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Die Lorcher Urkunde

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den eigentlichen Problemen. Sie stellen sich zunächst als Fragen: Wann ist die
Gründung erfolgt? Wie hat man sich den Gründungsvorgang zu denken? Welche
Absicht verfolgte der Gründer? Welchen Umfang hatte die neugegründete Stadt?
Hinzu kommt die vielschichtige Frage nach der Stadt als Lebensraum, nach ihren
Bewohnern, gehört doch der Übergang von der ländlichen zur städtischen Sied-
lungsweise zu den folgenschwersten Veränderungen in der Lebensform eines Vol-
kes. Der Zugang zu solchen im Detail meist schwer zu fassenden Problemen macht
ein weiteres Ausholen erforderlich.

13 Die Lorcher Urkunde und die Berichte der Chroniken
Die Erbauung einer Stadt war im Mittelalter ein Vorgang innerhalb des eigenen
Gebiets, über den man in der Regel nicht viel zu urkunden brauchte. Wie bei den
meisten Städten so fehlt auch für Gmünd ein Gründungsbrief im eigentlichen Sinn
des Wortes, aus dem hervorginge, wie und wann die Stadt entstanden ist. Deshalb
sind wir auf Urkunden angewiesen, die zufällig einen Hinweis enthalten, der
es ermöglicht, auf die Existenz eines städtischen Gemeinwesens zu schließen. Ein sol-
ches Dokument liegt uns vor in einer Pergamenthandschrift des 15. Jahrhunderts,
die sich im Hauptstaatsarchiv Stuttgart (A 499 Nr. 21) befindet.1 Da die Ur-
kunde für die Geschichte Gmünds von großer Bedeutung ist und gewissermaßen
den Gründungsbrief ersetzt, muß auf den Inhalt näher eingegangen werden.2
Es handelt sich um eine Traditionsnotiz des Abtes Craft von Lorch, die von einem
fast alltäglichen Rechtsgeschäft berichtet. Zwei Brüder, Rudolf und Kuno von
Utinkofen,3 wahrscheinlich dem niederen Adel der Reichsministerialen angehö-

1 Vgl. WUB II Nr. 378 S. 139 f.; Text und Übersetzung von A. Nitsch auch im Urkundenbuch
v. Schwab. Gmünd I. Teil, Bd. 1, S. 30 ff. (mschr. Original im Stadtarchiv); Reg.: GUB 5 (1162
o. T.). Vgl. Abb. Nr. 5 S. 36.
2 Der Verf. verdankt manche Anregungen den Ausführungen von PROF. DR. H. DECKER-
HAUFF anläßlich des 800jährigen Stadtjubiläums (7. Juli 1962). Der Festakt wurde von der
Stadtverwaltung auf Tonband aufgenommen; vgl. A. DEIBELE, Schwäbisch Gmünd und die
staufischen Städtegründungen, Gmünder Heimatbll. 23. Jahrg. Juli 1962, 52 ff. Leider wurde
die Rede nie im Druck veröffentlicht oder das Manuskript dem Stadtarchiv auf wiederholte
Bitten zur Verfügung gestellt.
3 Die richtige Beobachtung, daß das Utinkofen der Urkunde mit dem etwa 3 km westlich der
Stadtmitte von Gmünd gelegenen später abgegangenen Dorf Eutighofen gleichzusetzen sei
(nicht mit Uttenhofen bei Schwäbisch Hall; so jedoch im WUB ebda.) findet sich schon bei
B. KLAUS, Zur Geschichte der kirchl. Verhältnisse der ehemaligen Reichsstadt Schwab. Gmünd
und des von ihr abhängigen Gebiets, Württ. Vierteljahresh. f. Landesgesch. N. F. 11 (1902),
262; vgl. auch W. LORCH, Eutighofen. Das Schicksal einer alemannischen Siedlung, Gmünder
Heimatbll. 10. Jahrg. April 1937, 49 ff.
 
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