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Die Gründung der Stadt
bringen zu können, daß nicht Herzog Friedrich I. der Gründer des Klosters ge-
wesen sei, sondern dessen Vater Friedrich von Büren. Diese pointierte Antithese
wird der geschichtlichen Wirklichkeit kaum gerecht. Vielmehr ergibt eine Über-
prüfung der einschlägigen Urkunden, daß beide, Vater und Sohn, am Gründungs-
vorgang beteiligt waren, wobei sich allerdings der jeweilige Anteil im einzelnen
nicht mehr genau bestimmen läßt.4 Sicher ist, daß sich die Gründung des Klosters
als ein äußerst vielschichtiger Vorgang darstellt, der die Gesamtplanung der Bau-
ten, ihre Überwachung bis zur Fertigstellung, die Berufung auswärtiger Mönche
und alle damit zusammenhängenden religiösen wie rechtlichen Probleme, schließ-
lich auch die Ausstattung des Klosters mit Gütern umfaßt. Daß die Gründung des
Klosters Lorch im größeren Zusammenhang der staufischen Hausmachtpolitik und
des staufischen Selbstverständnisses gesehen werden muß, ist sicher.6 Ein wesent-
liches Moment war hierbei das Bestreben, den Hausklöstern der rivalisierenden
Welfen und Zähringer, Weingarten und St. Peter, ein eigenes Hauskloster an die
Seite zu stellen als sichtbaren Ausdruck der seit 1080 zugleich mit der Herzogs-
würde errungenen Machtstellung. Wenn es richtig ist, daß Friedrich von Büren an
der Gründung mitbeteiligt war, ist dieser komplexe Vorgang noch in das letzte
Jahrzehnt des 11. Jahrhunderts anzusetzen.6 Daraus ergibt sich ein nicht zu über-
4 WEISSENBERGER stützt sich vor allem auf die Aussage der Papsturkunde von 1136 (WUB I
Nr. 303, S. 383) ... et monasterium quod Laureacum dicitur, ab illustri viro Friderico duce,
iuxta patris sui voluntatem ac desiderium, qui illud in proprio allodio fundaverat sub censu
annuo unius aurei beato Petro oblatum... Daraus ergibt sich für ihn die Folgerung, Friedrich
von Büren habe in seinen letzten Lebensjahren (vgl. unten S. 44 Anm. 6) das Kloster gegrün-
det. Der Umstand jedoch, daß in derselben Urkunde von den fundatoribus loci die Rede ist,
zeigt, das der Begriff ,Gründer' nicht zu eng gefaßt werden darf. Hierzu einige weitere Beob-
achtungen. Wäre Friedrich von Büren der alleinige Gründer, so hätte dieser Umstand wohl in
der Schenkungsurkunde von 1102 seinen Niederschlag gefunden, zumal die Schenkung be-
gründet wird ob remedium animarum omnium parentum nostrorum, vivorum et in domino
quiescentium. In der möglicherweise schon von Zeitgenossen gefälschten Urkunde des Pfalz-
grafen Hermann von Stahleck vom Jahr 1138 (WUB Nachtr. Nr. 6., S. 466 f.) ist trotz sprach-
licher Anlehnung an den Wortlaut der Papsturkunde der eigentliche Gründer Herzog Fried-
rich I., allerdings iuxta patris sui voluntatem ac desiderium. Wenn Kaiser Friedrich Barbarossa
1154 (WUB II Nr. 346, S. 77 f.) seine parentes als Gründer des Lorcher Klosters nennt, so
sind damit nicht eigentlich die leiblichen Eltern gemeint, sondern die Vorfahren im weiteren
Sinn des Wortes. Schließlich ist hier auf eine Urkunde Kaiser Friedrichs II. vom Jahr 1215 zu
verweisen (WUB III Nr. 572, S. 22 f.), der das cenobium de Lorche, a progenitoribus nostris
in honore perpetuq dei genitricis et virginis Mariq feliciter fundatum ac de propriis ipsorum
prediis dotatum in seinen Schutz nimmt. Auch hier ist von Herzog Friedrich I. sogar als dem
primus fundator eiusdem loci die Rede. Fassen wir zusammen, so ergibt sich mit hinreichender
Deutlichkeit, daß an der Gründung des Klosters mehrere Generationen beteiligt waren, daß
aber in Mittelpunkt des Geschehens nicht Friedrich von Büren steht, sondern dessen Sohn
Herzog Friedrich I. So hat es auch die Lorcher Tradition festgehalten; vgl. die Inschrift der
1475 entstandenen gotischen Tumba im Hauptschiff der Klosterkirche: ,,. . . er und syn Kind
dieß closters Stifter sind . .Vgl. Abbildung Nr. 8 S. 45. Auf weitere Einzelheiten ein-
zugehen (vgl. P. WEISSENBERGER, ebda. 261) ist hier nicht der Ort.
5 Vgl. H. HEUERMANN, Die Hausmachtpolitik der Staufer von Herzog Friedrich I. bis König
Konrad III. (1079 bis 1112), Leipzig 1939, 35 ff.; J. DIETRICH, Herzog Friedrich II. von
Schwaben, Diss. Gießen 1943, 202 ff. (mschr.); O. ENGELS, a. O. 442 ff.
6 Zum Todesjahr Friedrichs v. Büren vgl. F. CURSCHMANN, a. O. 5: „er muß vor 1094
7 Kloster Lorch
Die Gründung der Stadt
bringen zu können, daß nicht Herzog Friedrich I. der Gründer des Klosters ge-
wesen sei, sondern dessen Vater Friedrich von Büren. Diese pointierte Antithese
wird der geschichtlichen Wirklichkeit kaum gerecht. Vielmehr ergibt eine Über-
prüfung der einschlägigen Urkunden, daß beide, Vater und Sohn, am Gründungs-
vorgang beteiligt waren, wobei sich allerdings der jeweilige Anteil im einzelnen
nicht mehr genau bestimmen läßt.4 Sicher ist, daß sich die Gründung des Klosters
als ein äußerst vielschichtiger Vorgang darstellt, der die Gesamtplanung der Bau-
ten, ihre Überwachung bis zur Fertigstellung, die Berufung auswärtiger Mönche
und alle damit zusammenhängenden religiösen wie rechtlichen Probleme, schließ-
lich auch die Ausstattung des Klosters mit Gütern umfaßt. Daß die Gründung des
Klosters Lorch im größeren Zusammenhang der staufischen Hausmachtpolitik und
des staufischen Selbstverständnisses gesehen werden muß, ist sicher.6 Ein wesent-
liches Moment war hierbei das Bestreben, den Hausklöstern der rivalisierenden
Welfen und Zähringer, Weingarten und St. Peter, ein eigenes Hauskloster an die
Seite zu stellen als sichtbaren Ausdruck der seit 1080 zugleich mit der Herzogs-
würde errungenen Machtstellung. Wenn es richtig ist, daß Friedrich von Büren an
der Gründung mitbeteiligt war, ist dieser komplexe Vorgang noch in das letzte
Jahrzehnt des 11. Jahrhunderts anzusetzen.6 Daraus ergibt sich ein nicht zu über-
4 WEISSENBERGER stützt sich vor allem auf die Aussage der Papsturkunde von 1136 (WUB I
Nr. 303, S. 383) ... et monasterium quod Laureacum dicitur, ab illustri viro Friderico duce,
iuxta patris sui voluntatem ac desiderium, qui illud in proprio allodio fundaverat sub censu
annuo unius aurei beato Petro oblatum... Daraus ergibt sich für ihn die Folgerung, Friedrich
von Büren habe in seinen letzten Lebensjahren (vgl. unten S. 44 Anm. 6) das Kloster gegrün-
det. Der Umstand jedoch, daß in derselben Urkunde von den fundatoribus loci die Rede ist,
zeigt, das der Begriff ,Gründer' nicht zu eng gefaßt werden darf. Hierzu einige weitere Beob-
achtungen. Wäre Friedrich von Büren der alleinige Gründer, so hätte dieser Umstand wohl in
der Schenkungsurkunde von 1102 seinen Niederschlag gefunden, zumal die Schenkung be-
gründet wird ob remedium animarum omnium parentum nostrorum, vivorum et in domino
quiescentium. In der möglicherweise schon von Zeitgenossen gefälschten Urkunde des Pfalz-
grafen Hermann von Stahleck vom Jahr 1138 (WUB Nachtr. Nr. 6., S. 466 f.) ist trotz sprach-
licher Anlehnung an den Wortlaut der Papsturkunde der eigentliche Gründer Herzog Fried-
rich I., allerdings iuxta patris sui voluntatem ac desiderium. Wenn Kaiser Friedrich Barbarossa
1154 (WUB II Nr. 346, S. 77 f.) seine parentes als Gründer des Lorcher Klosters nennt, so
sind damit nicht eigentlich die leiblichen Eltern gemeint, sondern die Vorfahren im weiteren
Sinn des Wortes. Schließlich ist hier auf eine Urkunde Kaiser Friedrichs II. vom Jahr 1215 zu
verweisen (WUB III Nr. 572, S. 22 f.), der das cenobium de Lorche, a progenitoribus nostris
in honore perpetuq dei genitricis et virginis Mariq feliciter fundatum ac de propriis ipsorum
prediis dotatum in seinen Schutz nimmt. Auch hier ist von Herzog Friedrich I. sogar als dem
primus fundator eiusdem loci die Rede. Fassen wir zusammen, so ergibt sich mit hinreichender
Deutlichkeit, daß an der Gründung des Klosters mehrere Generationen beteiligt waren, daß
aber in Mittelpunkt des Geschehens nicht Friedrich von Büren steht, sondern dessen Sohn
Herzog Friedrich I. So hat es auch die Lorcher Tradition festgehalten; vgl. die Inschrift der
1475 entstandenen gotischen Tumba im Hauptschiff der Klosterkirche: ,,. . . er und syn Kind
dieß closters Stifter sind . .Vgl. Abbildung Nr. 8 S. 45. Auf weitere Einzelheiten ein-
zugehen (vgl. P. WEISSENBERGER, ebda. 261) ist hier nicht der Ort.
5 Vgl. H. HEUERMANN, Die Hausmachtpolitik der Staufer von Herzog Friedrich I. bis König
Konrad III. (1079 bis 1112), Leipzig 1939, 35 ff.; J. DIETRICH, Herzog Friedrich II. von
Schwaben, Diss. Gießen 1943, 202 ff. (mschr.); O. ENGELS, a. O. 442 ff.
6 Zum Todesjahr Friedrichs v. Büren vgl. F. CURSCHMANN, a. O. 5: „er muß vor 1094
7 Kloster Lorch