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Springer, Anton; Osborn, Max [Editor]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0053
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4. Die Romantiker.

33

um Overbeck und Cornelius gesammelt hatte, eng an, entfaltete die strengere kirchliche Richtung erst
in Frankfurt, wohin er 1830 übersiedelte, daun in Mainz, wo er, mit der Ausmalung des Domes
beschäftigt, 1877 hochbetagt starb. Den Reizen einer ausgebildeten Farbentechnik war er zugäng-
licher als Overbeck, daher auch der Schwerpunkt seiner Wirksamkeit in Stasfeleibildern (Madonna
mit Engeln in der römischen Kirche Trinitn de' monti (Abb. 35j und Frauen am Grabe Christi im
Frankfurter Museum) ruht. Auch das Porträtfach wurde von Veit gern und mit ziemlichem
Erfolge gepflegt. — Ein anderer Nachfolger Overbecks, der in Kratzau in Böhmen geborene

Jofeph Führich (1800—1876),schien
lange Zeit in der Rolle eines schroffen
Parteigängers seinen Hauptruhm suchen
zu wollen. Tiefer als die meisten Ge-
nossen verstrickte er sich in seiner Jugend
in die Jrrgänge der Romantik und
schwärmte für hölzerne Ritter und über-
zarte Ritterfräulein; später, als er von
Rom wieder nach Österreich zurückkehrte,
zuerst in Prag, dann (seit 1834) in Wien
sich niederließ, betonte er in übertriebe-
ner Weise die kirchliche Gesinnung (Abb.
36). Erst das Greisenalter milderte
alles Harte und Schroffe, löste die Phan-
tasie aus den freiwillig festgezogenen
Banden und gab seiner Kunst den rechten
Aufschwung. Daß er in seiner Jugend
mit der altdeutschen Kunst, besonders mit
Dürer sich befreundet hatte, kam ihm jetzt
zustatten und verlieh seinen Gestalten
eine markige Kraft, die bei den übrigen
Genossen der Richtung nicht angetroffen
wird. Seine in Holz geschnittenen oder
in Kupfer gestochenen Zeichnungen: der
Psalter und der bethlehemitische Weg,
die Nachfolge Christi (Abb. 37), der
verlorene Sohn, alles erst in späteren
Lebensjahren geschaffene Folgen von
Blättern, verwandelten auch frühere
Gegner des begabten Mannes in Ver-
ehrer. — Beweglicher und vielseitiger


38. Wer das Glück hat, führt die Braut Heun,
Handzeichnung von Ed. Steinle.
(Nach Kutschmann, Geschichte der deutschen Illustration)

tritt nns das Talent des letzten bedeutenden Vertreters

des Overbeckschen Kreises entgegen. Eduard Steinle (1810—1886) aus Wien, der nach
seinen römischen Studienjahren und seinem Münchener Aufenthalt sich in Frankfurt ansiedelte,
entwickelt nicht allein im Fach der kirchlichen Malerei eine staunenswerte Fruchtbarkeit — außer
zahlreichen Fresken, Kartons für Kirchenfenster, hat er weit über hundert religiöse Tafelbilder
geschaffen —, sondern behandelt auch in Aquarellen und Zeichnungen mit Vorliebe der Märchen-
welt (Abb. 38) und den Dichtungen Shakespeares entlehnte Motive. Selbst die Theaterdekoration
blieb ihm nicht fremd, und der geistreiche, oft pikante Zug, der sich in den Kompositionen
dieser Art kundgibt, deutet bereits auf eine Lockerung der strengen Schulzucht.

Springer-Osborn, Kunstgeschichte. V. 5. Aust.
 
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