Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Springer, Anton; Osborn, Max [Hrsg.]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0151
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2. Die englische Malerei als Bahnbrecherin.

127


182. Der Tod des

General Wolfe, von Benj. West. London, Kensington Palace.
(Phot. Ellis L Hayward, London)

Barry (1741—1806), der 1783 seine sechs „heroischen" Kolossalgemälde zur „Geschichte der
menschlichen Kultur" in der Society of Arts vollendete und damit seinem Vaterlande wirklich
etwas Bedeutsames geschenkt zn haben glaubte. So der Shakespeare-Maler James Northcote
(1746 —1831), dessen Biographien Tizians und Reynolds' (seines Lehrers) uns heute inter-
essanter sind als seine Gemälde, oder John Opie (1761—1807), der als Porträtist heute
noch einen ehrenvollen Platz in der zweiten Reihe einnimmt, während er als Historienmaler
vergessen ist, oder der anglisierte Schweizer Heinrich Füßli (1742—1825), der in Rom von
Winckelmann und Mengs beeinflußt worden war und ihre Lehren später in London in allerlei
Milton- und Shakespeare-Kompositionen zu betätigen suchte. Füßlis Schüler William Etty
(1787 —1849) brachte insofern einen Fortschritt, als er, ähnlich wie ein halbes Jahrhundert
später Makart in Deutschland, der koloristischen Kraft der alten Venezianer und Vlamen nach-
strebte, mit der er namentlich schöne nackte Frauengestalten nach dem Muster Tizians oder
Rubens' zu malen suchte (Abb. 130). Auf die venezianische Schule hatte schon vorher mit
größerem Talent Thomas Stothard (1755—1834) zurückgegriffen, der um die Wende des
Jahrhunderts Gruppen griechischer Götter, Nymphen, Satyrn, Amoretten und wiederum Figuren
der Shakespeare-Welt oder auch biblische Gestalten mit Farben von blühendem Goldschimmer
und tiefer Leuchtkraft, als der größte Farbenmeister dieses ganzen Kreises, auf die Leinwand
zauberte (Abb. 131). Benjamin Robert Haydon (1786 —1846) endlich, der sich ohne
Erfolg mit Schilderungen aus der alten Geschichte und der Bibel plagte und nach einem Leben
voll qualvoller innerer Kämpfe seiner Verbitterung durch Selbstmord ein Ende machte, führt
uns schon wieder in die Gegenwart und das Leben zurück. Er hinterließ in seiner figuren-
reichen „Sitzung der Antisklavereigesellschaft" ein Gemälde aus der Zeitgeschichte von künst-
lerischem Ernst, das freilich gerade darum mißverstanden wurde, und in seinem „New Road"
in der Londoner National Gallery eines der ersten Straßenbilder aus einer modernen Großstadt.
Damit sind wir wieder ans dem rechten Boden der englischen Kunst. Denn für sie wie
 
Annotationen