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Springer, Anton; Osborn, Max [Hrsg.]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0218
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Dritter Abschnitt: 1850-1870.

zur Zeitgeschichte lieferte. Eklektiker in ihren Mitteln sind auch Gustave Ricard (1823—
1873) und Ferdinand Gaillard (1834—1887), der erste mehr von den italienischen
Koloristen, Gaillard, von Hause aus Kupferstecher (Abb. 197), mehr von Holbein und den
Niederländern, denen er als Graphiker gedient hatte, inspiriert. Doch ihre Farbe ist individueller
als die Bonnats und ihre Charakteristik eindringlicher. Ricard malte seine Porträts breit und
mit sonoren Akkorden, Gaillard auf Grund der peinlichsten Zeichnung spitz und fein, aber beide
mit gleich reifem und kultiviertem Geschmack.
Eine Provinz für sich bildet Ernest Meissonier (1813 —1891), lange Zeit als der
größte lebende Maler Frankreichs gepriesen und heute, nach dem historischen Gesetz der Reaktion


201. Der barmherzige Samariter, von Th. Ribot. Paris, Luxembourg.
(Phot, von Braun L Cie.)

gegen jede Übertreibung, allzu gering geachtet. Meissonier hat mit Menzel nicht nur das
Geburtsjahr und die Neigung zu den kleinen Formaten gemein. Nicht der Zufall hat Menzel
bei seinem Pariser Besuch 1867 gerade in Meissoniers Atelier geführt, wobei Paul Meyer-
Heim den Dolmetsch spielte, und nicht zufällig zeigt Menzels einziger Berliner „Schüler", Fritz
Werner, die Einflüsse seines Meisters mit denen des Franzosen in sich vereint. Es gibt Gebiete
in Menzels und Meissoniers Kunst, die sich nahe berühren: die beiden gemeinsame Freude an
dem malerischen Kostüm des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts, an krausem und blitzen-
dem Rokokowerk, an scharfer Beobachtung auch des Details und an zugespitzter Charakteristik
(Abb. 198). Auch darin treffen sie sich, daß sie beide ihre Laufbahn mit der Holzschnitt-
illustration beginnen: was für Menzel die Zeichnungen zu Kugler sind, waren für Meissonier
die Bildchen zu Bernardin de St. Pierres Erzählungen. Aber so weit sich diese Holzschnitte
voneinander entfernen, so weit auch ihre Malerei. Seitdem Meissonier im Jahre 1841 —
merkwürdigerweise auch mit einer „Schachpartie"! — sein Probestück in der Farbe abgelegt
 
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