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Springer, Anton; Osborn, Max [Hrsg.]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0333
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285

I. Der Impressionismus und die Franzosen.

die Meister und Werke der Tonkunst gefeiert und sich namentlich um das Interesse für deutsche
Musik in Frankreich große Verdienste erworben.
Um diese Führer scharte sich alsbald ein Kreis kleinerer Talente, deren Amt es gewesen
ist, für die Verbreitung der neuen Lehren zu forgen. Zwei Schülerinnen Manets, Eva Gonzales
(1852—1883), deren herrliches Bildnis, wie schon erwähnt, der Meister gemalt hat, und Berthe
Morisot (1851 —1895), folgten mit weiblicher Anpassungsfähigkeit den Spuren des Gewal-
tigen. Zandomeneghi und eine Reihe anderer junger Maler schloffen sich hauptsächlich

Monet an. Jules Bastien-Lepage (1848—1884) ward der Vermittler zwischen der eigen-

willigen Malerei der maltras irapraZZioumtss, die sich selbst zu keinen Konzessionen verstanden,
und dem Publikum. Er hat mit Geschick, wenn auch ohne Persönliche Note, Millets Bauern-

malerei und den Pleinairismus der Manet-
Schule verbunden und zugleich gemildert,
so daß die Menge der Ausstellungsbesucher
seine Bilder begriff und sich dabei doch un-
geheuer „modern" Vorkommen konnte. Die
„Heuernte" im Luxembourg (Abb. 303) mit
dem von der Arbeit ausruhenden Bauern-
paar ist der Höhepunkt seines Schaffens, für
das ihn der boshafte Witz Degas' mit dem
Titel eines „Bouguereau des Naturalis-
mus" beehrte. Doch während Bastien-
Lepage Erfolge errang, blieben die führen-
den Meister selbst vom Publikum wie von
den Käufern zunächst unverstanden, ja, sie
wurden aufs heftigste angefeindet. Ihr
Kunsthändler Duraud-Ruel, der später für
seinen Spürsinn und seine Ausdauer reich-
lich belohnt worden ist, konnte sich kaum
halten. Er machte sogar, da er in Paris
seine Ware durchaus nicht an den Mann
bringen konnte, mit seinen Künstlern einen
Eroberungsstreifzug nach England, wo dann
die Bilder Turners, schon früher einzelnen
von ihnen wohlbekannt, einen starken Ein-
druck auf die Freunde machten und sie zur
letzten Entfaltung ihrer Lichtmalerei er-
mutigten. Unbekümmert nm die Abneigung
und die Feindseligkeit des Publikums gingen
sie ihren Weg weiter, um den unbegrenzten
Reichtum der Natur an schimmernden, schwe-
benden, unbestimmt schillernden Nuancen, an
farbigen Hauptwerten und Neben- und Über-
gangstönen immertieferzu erkennen, mitimmer
neuen Mitteln der strahlenden Transparenz
der Beleuchtung dieses Planeten, dem Weben
und Wehen seiner Luftschicht gerecht zu werden.


804. Die heilige Genoveva im Gebet,
von P. Puvis de Chavannes.
 
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