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Springer, Anton; Osborn, Max [Hrsg.]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0424
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362

Vierter Abschnitt: 1870—1900.

Kulturstimmungen, japanischer Pikanterie, impressionistischer Auflösung des Lichts, orientalischer
Farbengier, archaischer Stilisierungen eine ganz eigne Kunstwelt geschaffen (Abb. 389). Er hat
Landschaften von kostbarer Einfachheit der Stimmung geschaffen, dann Frauenporträts von einem
Reiz der flächigen Farben und sparsamen Linien, daß sie fast wie Übersetzungen ostasiatischer
Holzschnitte in moderne Ölmalerei erscheinen, eine Altwiener Erinnerung von duftigster Farben-
poesie: „Schubert am Klavier", dekorative Bilder von schimmernden koloristischen Reizen („Gold-
fische"), schließlich die an der Donau mit lautem Skandal empfangenen Deckenbilder der vier
Fakultäten für die Anla der Wiener Universität, die auf jede festgefügte Allegorie im älteren


388. Die Sünde, von Franz Stuck.


389. Judith, von Gustav Klimt. (^.r8 Uova.)

Sinne verzichten und in den Rhythmen zerfließender Linien, seltsamer Gebärden, phantastischer
schwebender, sinkender, steigender Gestalten, die wie aus Fiebervisionen geboren sind, unbestimmte
Gedanken- und Empfindungsafsoziationen zu erwecken suchen. Man kann es den Wiener Pro-
fessoren nicht verdenken, wenn sie diesen Jnstinktgebilden einer unbekümmerten Malerphantasie
ratlos gegenüberstanden; aber der Versuch, der Wandmalerei aus einem neuen Empfinden
heraus ungeahnte Wirkungen abzugewinnen, ist von höchstem Interesse.
Ähnliche Absichten einer Reform der großen dekorativen Malerei verfolgt, doch von einer
ganz andern Seite her, der Schweizer Ferdinand Hodler (geb. 1853), der sich aus Hellen
 
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