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stand, dem Erdgott (Chthonios), dem Seelenführer (Psychopompos), welcher die Schatten hinabgeleitet und
manche Götter in die Welt und in den Olympos bringt, dem Götterboten beigelegt, Durch die Gräber,
welche der Lebenden Liebstes und Theuerstes für immer umschliessen, befestigt sich erst der Landesbesitz
der in verschiedene Gegenden einwandernden Völker, entsteht erst das Vaterland, die heilige Liebe und der
erhabene Kampf für dasselbe, schwingt sich des Menschen Geist zu den sie begleitenden Tugenden empor.
Die aufsprossende Jugend strebt dem Beispiel der verstorbenen Väter nach ; Hermes Agonios, der Gott
heiliger Kampfspiele, leitet ihre Erziehung, und spornt sie zu edlem Wetteifer an, indem er den Gymnasien,
den Palästren, dem Stadion und Circus vorsteht, wo die Meten oder Ziele der Wettrenner Grabsteinen
nachgebildet waren, um welche den Todten zur Ehre die ersten Kampfspiele gefeiert wurden, daher bei den
Schranken am Ende des Stadions zu Olympia Endymions Grab stand. Wie mit der Zeit die Zahl der Gräber
sich vermehret, wächst durch den Ruhm der Abgeschiedenen der Ruhm des Landes, und die Ruhestätten
der Todten werden seine liebsten, seine geehrtesten Heiligthümer. Ueber diesen schliessen daher die Völker
ihre ersten Verträge und wählen als Zeichen derselben die auf Gräber gesetzten Steine und Bäume. Die
Pflanzung des lichtnährenden Oelbaumes in der Burg von Athen deutete auf den Vertrag wegen des Besitz-
tums der Attika zwischen Poseidon und Athene, und so mochten auch die Bucheiche des Zeus mit essbaren
Eicheln {ßaXaVoi), der ersten Menschen Nahrung, zu Dodona, der Lorbeer des Apollo mit prophetischer
Kraft der Blätter zu Delphi, die Siegcspaline der Latona zu Delos, die Rebe des Dionysos, das Silphium
der Dioskuren u. a. m. eine ähnliche Bewandniss haben. Hermes Spondios und Kerykios, der Gott der
heiligen Spenden und der Herolde, ist Anordner der Verträge und stellt die Grundpfeiler des Staates fest.
Gebietsbestimmungen wurden zwischen Nachbarvölkern, wie zwischen den Megalopolitanern und Lacedämo-
niern *), durch beiderseitige Stiftung von Hermen an den Gränzen geheiligt und gesichert. Die Hermeshügel
(Hermaei Tumuli) von vorüberziehenden Wanderern als Opfer dem Weggott Hermes Agyieus und den Laren
oder Weggeistern allmählig zusammengehäuft, waren die ersten Gränz- und Wegzeichen und ihre Gestalt
war die Urform der Grabmäler, welche man an den Wegen zu errichten pflegte. Des Hermes und der
Aphrodite Sohn Hermaphrodit, der beide Geschlechter vereinte, war ein Symbol des Ehebundes und Vertra-
ges, daher die Witwen zu Athen ihm ihre abgelegten Kränze und Gewänder weihen mussten. Auf den Her-
messtelen oder Hermespfeilern, welche den Grabpfeilern glichen, standen die ersten Gesetze und Erfindun-
gen eingegraben. Hermes (Merkurius) selbst, gleich Terminus, hat seinen Namen von dem gesetzten Merk-
stein oder der Gränzmark der Felder und Gräberstätten, und wie überhaupt die ältesten Bilder aller im Anfang
noch unbenamten Götter rohe Steine waren s), so war vor allen sein erstes Bild ein roher Stein. Zwar formte
man späterhin mit Beibehaltung des Grundgedankens den Stein zu einem viereckigen, in ein Menschenhaupt
ausgehenden Pfeiler, gab endlich allen Werken dieser Art den Namen Hermen, wie denn Aphrodite - Arte-
mis-Pans-Hermen, Hermathenen, Hermherakien, Hermeroten und Bildnisshermen entstanden, und errich-
tete sie auch auf Gräbern, jedoch schon der blosse Gränz- und Grabstein, an Eigenthum und Recht erinnernd,
genügte, den Stifter und Erhalter dieses ersten und heiligsten agrarischen Gesetzes zu bezeichnen3).
Mit der Idee der Todtcn-Bestattung und Pflege aufs engste verknüpft, begann zugleich die Cultur
des Bodens, und es entwickelte sich unter den Menschen allmählig die Humanität. Von den Gräueln der
Anthropophagie im frühesten Zustande der Rohheit und Wildheit werden sie durch Einführung cerealischer
Nahrungsmittel abgewendet, und es entsteht der Uebergangvom Jagd- und Kriegsleben zur Viehzucht und zum
Ackerbau, mit dem sich die Staatsordnung begründet.
1) s. Pausan. VIII, 54.
2) Ein Beispiel dieser Art, welches in dreissig nach verschiedenen Göttern benannten, viereckigen Steinen bestand, hatte sich bis in
die Zeit der römischen Kaiser zu Pharä in Achaja erhalten. Pausan. VII, 22. 5) Cicero de leg. II. c. 26.
stand, dem Erdgott (Chthonios), dem Seelenführer (Psychopompos), welcher die Schatten hinabgeleitet und
manche Götter in die Welt und in den Olympos bringt, dem Götterboten beigelegt, Durch die Gräber,
welche der Lebenden Liebstes und Theuerstes für immer umschliessen, befestigt sich erst der Landesbesitz
der in verschiedene Gegenden einwandernden Völker, entsteht erst das Vaterland, die heilige Liebe und der
erhabene Kampf für dasselbe, schwingt sich des Menschen Geist zu den sie begleitenden Tugenden empor.
Die aufsprossende Jugend strebt dem Beispiel der verstorbenen Väter nach ; Hermes Agonios, der Gott
heiliger Kampfspiele, leitet ihre Erziehung, und spornt sie zu edlem Wetteifer an, indem er den Gymnasien,
den Palästren, dem Stadion und Circus vorsteht, wo die Meten oder Ziele der Wettrenner Grabsteinen
nachgebildet waren, um welche den Todten zur Ehre die ersten Kampfspiele gefeiert wurden, daher bei den
Schranken am Ende des Stadions zu Olympia Endymions Grab stand. Wie mit der Zeit die Zahl der Gräber
sich vermehret, wächst durch den Ruhm der Abgeschiedenen der Ruhm des Landes, und die Ruhestätten
der Todten werden seine liebsten, seine geehrtesten Heiligthümer. Ueber diesen schliessen daher die Völker
ihre ersten Verträge und wählen als Zeichen derselben die auf Gräber gesetzten Steine und Bäume. Die
Pflanzung des lichtnährenden Oelbaumes in der Burg von Athen deutete auf den Vertrag wegen des Besitz-
tums der Attika zwischen Poseidon und Athene, und so mochten auch die Bucheiche des Zeus mit essbaren
Eicheln {ßaXaVoi), der ersten Menschen Nahrung, zu Dodona, der Lorbeer des Apollo mit prophetischer
Kraft der Blätter zu Delphi, die Siegcspaline der Latona zu Delos, die Rebe des Dionysos, das Silphium
der Dioskuren u. a. m. eine ähnliche Bewandniss haben. Hermes Spondios und Kerykios, der Gott der
heiligen Spenden und der Herolde, ist Anordner der Verträge und stellt die Grundpfeiler des Staates fest.
Gebietsbestimmungen wurden zwischen Nachbarvölkern, wie zwischen den Megalopolitanern und Lacedämo-
niern *), durch beiderseitige Stiftung von Hermen an den Gränzen geheiligt und gesichert. Die Hermeshügel
(Hermaei Tumuli) von vorüberziehenden Wanderern als Opfer dem Weggott Hermes Agyieus und den Laren
oder Weggeistern allmählig zusammengehäuft, waren die ersten Gränz- und Wegzeichen und ihre Gestalt
war die Urform der Grabmäler, welche man an den Wegen zu errichten pflegte. Des Hermes und der
Aphrodite Sohn Hermaphrodit, der beide Geschlechter vereinte, war ein Symbol des Ehebundes und Vertra-
ges, daher die Witwen zu Athen ihm ihre abgelegten Kränze und Gewänder weihen mussten. Auf den Her-
messtelen oder Hermespfeilern, welche den Grabpfeilern glichen, standen die ersten Gesetze und Erfindun-
gen eingegraben. Hermes (Merkurius) selbst, gleich Terminus, hat seinen Namen von dem gesetzten Merk-
stein oder der Gränzmark der Felder und Gräberstätten, und wie überhaupt die ältesten Bilder aller im Anfang
noch unbenamten Götter rohe Steine waren s), so war vor allen sein erstes Bild ein roher Stein. Zwar formte
man späterhin mit Beibehaltung des Grundgedankens den Stein zu einem viereckigen, in ein Menschenhaupt
ausgehenden Pfeiler, gab endlich allen Werken dieser Art den Namen Hermen, wie denn Aphrodite - Arte-
mis-Pans-Hermen, Hermathenen, Hermherakien, Hermeroten und Bildnisshermen entstanden, und errich-
tete sie auch auf Gräbern, jedoch schon der blosse Gränz- und Grabstein, an Eigenthum und Recht erinnernd,
genügte, den Stifter und Erhalter dieses ersten und heiligsten agrarischen Gesetzes zu bezeichnen3).
Mit der Idee der Todtcn-Bestattung und Pflege aufs engste verknüpft, begann zugleich die Cultur
des Bodens, und es entwickelte sich unter den Menschen allmählig die Humanität. Von den Gräueln der
Anthropophagie im frühesten Zustande der Rohheit und Wildheit werden sie durch Einführung cerealischer
Nahrungsmittel abgewendet, und es entsteht der Uebergangvom Jagd- und Kriegsleben zur Viehzucht und zum
Ackerbau, mit dem sich die Staatsordnung begründet.
1) s. Pausan. VIII, 54.
2) Ein Beispiel dieser Art, welches in dreissig nach verschiedenen Göttern benannten, viereckigen Steinen bestand, hatte sich bis in
die Zeit der römischen Kaiser zu Pharä in Achaja erhalten. Pausan. VII, 22. 5) Cicero de leg. II. c. 26.