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Die ältesten Helden, zugleich Volksanführer, Gesetzgeber und Stifter der Staaten, waren Ackerleute,
wie Buzygcs (Ochsenspanner) und Echeltäos (Pflugmann) in Attika, Triptolemos (Dreifurcher), der erste Sämann
in Eleusis, der Autochthon oder Erdgekorene Aras (Ackerer) bei den Phliasiern u. a. 111.5 ihre ersten Gesetze
betrafen die Beerdigung der Todten und das Verbot der Tödtung des Ackerviehs. Bei keiner Lebensweise
tritt der Mensch in eine innigere Gemeinschaft mit der Natur, als beim Ackerbau, welcher als ein geschlossenes
Bündniss mit ihr, insbesondere mit den schaffenden Kräften des Bodens, als ein Verkehr mit der verborgenen
Unterwelt erschien. Nahe lag die Ansicht, dass der in Staub versinkende Mensch der nährenden Erde selbst
seinen Ursprung zu verdanken und ihr seine irdischen Reste wiederzugeben habe. In Attika war es, wo der
beim Anblick der Weisheitsgöttin Athene von Liebe entbrannte göttliche Bildner Hephästos (das vom
Himmel gestürzte Urfeuer, von weichein die Erde Erichthonios empfing und gebar) den ersten Menschen
der Athene zur Pflege übergab. In Böotien formte der Erdsohn Prometheus, der Titane, Entwender des
himmlischen Feuers, aus röthlichem wie Menschenhaut duftenden Thon von Panopea oder aus Urerde götter-
ähnlich des ersten Menschen Bild, welches Athene mit der Seele beschenkte und belebte; worauf aber He-
phästos das von allen Göttern ausgestattete erste Weib, die Leiden verstreuende, nur Hoffnung gewährende
Pandora oder Allbegabte zu Trotz des Prometheus und zum Schaden der Sterblichen bildete, indem sie sich
dem Epimetheus (Nachbedacht), Bruder des Prometheus, vermählte und Metanöa (Reue) nebst Prophasis (Aus-
rede) gebar. Allgemein galt der Glaube, dass die ältesten Bewohner Griechenlands der Erde entsprosst wären,
und ihre Abkömmlinge nannten sich Autochthoncn, Eigenerdner. Die Athener trugen daher die im Acker
entstellende von Getreide und Oelpflanzungen sich nährende Cicade, die einer Fliege gleicht und deren Ge-
schwirr sie der Rede der Menschen verglichen, als symbolisches Abzeichen ihrer Herkunft in den Haaren;
bei dem Myrmidonen- oder Ameisen-Volk, welches die Sage, dem Namen gemäss, durch Verwandlung aus
Ameisen in Aegina auf Aeakos Bitte an Zeus enstehen lässt, tritt dieses korneinsammelnde, ämsige und
streitbare Thier der Erde in derselben Beziehung treffend hervor. Aber das ständige Sinnbild der Erdgebo-
renen war die hautabwerfende, aus dem Boden schlüpfende und wieder in den Boden sich verkriechende,
ahnunpsvolle, kluge Schlange, daher die Drachensaat des Cadmus, aus der bewaffnete Männer, die Sparter,
entspriessen und sich untereinander bekriegen, die Schlangenbeine der Erdkinder Titanen, des Erdensohnes
Erichthonios, des ersten Menschen in Attika, die Schlangengestalt der Heroen oder Geister Verstorbener,
und des Zeus nebst der Demeter bei Zeugung der Todtenkönigin Persephone. Auf ihrem Drachenwagen,
zwei Fackeln, die des Lebens und des Todes, in den Händen erschien die Tochter des Kronos und der
Rhea der Zeit und der Erdfluth, die kindernährende Erdmutter Demeter, oder Gemeter Kourotrophos, ur-
sprünglich mit dem ersten Kinderlallen Ma, Ga, benannt.

Nach der sinnbildlichen Stiftungssage des Ackerbaues verdankte man ihr die vereinigte Lehre der Tod-
tenbestattung und der Aussaat des Getreides, über deren frühesten Empfang sich die Argier mit den Athenern
stritten. Es war zur Winterzeit, als die Göttin mit schwarzen, erdfarbenen Gewändern bekleidet, gleich
Demeter Melänis, der Schwarzen, von tiefer Trauer entstellt, und in eine Greisin verwandelt, unerkannt
den Sterblichen vor Augen trat. Innerer Gram und Sehnsucht trieben sie einsam überall umher, bei Tag
und Nacht zu suchen, ob sie ihr entschwundenes Kind, das reife Saatkorn, die von dem Lebens - und Todes-
gott Zeus empfangene Tochter, Kora Proserpina, die Vorspriessende, wiederfände, welche sie im Hause
vermisste, ohne Kunde von ihr erlangen zu können. Denn in Abwesenheit der Mutter war das Mädchen
heimlich auf Aphrodite's, Here's und Athene's Anstiften im Beisein Tyche's, der Glücksgöttin, von einer
blühenden Wiese, wo Narcissen, Schlummerblumen mit narkotischer Kraft, sie durch Duft betäubten,
Hyacinthen oder Kosmosandalon, Trauerblumen, und plötzlich dunkelgefärbte Violen sie umgaben, mit
Hülfe des Zephyr durch den Gott der Unterwelt Hades Pluton entführt und ihm, dem verborgenen Herrn

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